In der zweiten Reihe
UN-Bericht: Mädchen weltweit bei der Bildung weiter benachteiligt
»Die bisherigen Anstrengungen reichen längst noch nicht aus.« Es ist die diplomatische Sprache ranghoher UNO-Beamter, wenn Irina Bokova dies so vergleichsweise zurückhaltend formuliert. Dabei weiß auch die Generaldirektorin von UNESCO, der Kultur- und Bildungsorganisation der Vereinten Nationen, dass eigentlich deutlichere Worte nottäten. Denn ähnlich wie bei den sogenannten MDG (Millenniums-Entwicklungsziele) gibt es auch bei den vor zehn Jahren in der senegalesischen Hauptstadt Dakar bei einem internationalen Forum festgeschriebenen Zielmarken in Sachen Bildung zur Zwischenbilanz keinerlei Anlass zum Feiern. Besonders bei der Chancengleichheit für Mädchen beim Schulbesuch sieht es nach wie vor düster aus. Bei 72 Ländern ist nach dem UNESCO-Report nicht mehr davon auszugehen, dass sie bis 2015 das Ziel noch erreichen können.
So beachtlich punktuelle Fortschritte sind, konstatieren die Autoren der Studie allgemein einen weiterhin hohen Nachholebedarf. Immerhin kommen im subsaharischen Afrika bei der Anmeldung zur Grundschule inzwischen durchschnittlich 93 Mädchen auf 100 Jungen. Das reicht zwar längst nicht aus, ist aber ein besseres Bild als im südlichen und westlichen Asien, wo das Verhältnis sogar nur bei 87 zu 100 liegt. Dort führen Pakistan und Afghanistan die Negativliste an, auf der arabischen Halbinsel sieht es für Mädchenbildung vor allem im Armenhaus Jemen schlecht aus, und auch in Afrika sind es zumeist die auch generell ärmsten und rückständigsten Staaten wie Niger, Äthiopien, Eritrea, Benin, Mali und die Zentralafrikanische Republik, wo besonders viele Mädchen um dieses Grundrecht betrogen werden. Im pazifischen Raum sollten mancherorts ebenfalls die Alarmglocken läuten, denn auch in Papua-Neuguinea sowie Tuvalu werden Jungen beim Schulbesuch deutlich bevorteilt.
Die Einschulungsrate ist allerdings nur einer der Indikatoren, die bei Untersuchungen eine Rolle spielen. Mädchen, auch das untermauert der Bericht, haben in solchen Ländern auch noch weniger Chancen, nach dem Beenden der Primarstufe ihre schulische Laufbahn fortzusetzen. Etwas Lesen und Schreiben lernen, wird zwar mittlerweile auch für Töchter in vielen Familien durchaus für erstrebenswert gehalten. Doch mehr als dieses Minimum wird allein aus Kostengründen mitunter abgelehnt. Dass in Afrika südlich der Sahara sogar ein Negativtrend zu verzeichnen ist, gehört zu den größten Alarmpunkten, die in der Studie benannt werden. So sind es gerade noch 79 Mädchen auf 100 Jungen, die 2008 in dieser Region in den weiterführenden Schulen statistisch erfasst wurden – 1999 lag dieser Wert aber schon mal bei 82.
Schluss ist im Regelfall aber spätestens mit der zehnten Klasse – in der Abiturstufe zur Vorbereitung auf ein Studium sind die Jungs vielerorts auf der südlichen Erdhalbkugel nahezu unter sich. Besonders drastisch ist das Missverhältnis auch dabei in einigen der ärmsten afrikanischen Staaten wie Äthiopien, Eritrea und Guinea. Dort kommen nur 35 Mädchen auf 100 männliche Altersgenossen, die die Hochschulreife oder einen ähnlichen Abschluss erlangen.
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