Berlins Wasser kein Geheimnis mehr
Zeitung veröffentlichte unter Verschluss gehaltene Verträge zur Teilprivatisierung von 1999
Der rot-rote Berliner Senat sollte zur Offenlegung der Wasserverträge gezwungen werden. Etwa 280 000 Berliner hatten dafür in einem Volksbegehren unterschrieben. In der vergangenen Woche wurden die Listen bei der Senatsinnenverwaltung abgegeben. Doch plötzlich ist ein Volksentscheid eigentlich gar nicht mehr notwendig. Die »tageszeitung« (taz) veröffentlichte am Sonnabend die ihr zugespielten Verträge sowie die Änderungsvereinbarungen. Es handelt sich um insgesamt 198 Seiten.
»Damit ist jetzt Transparenz hergestellt«, sagte Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE). Er selbst hatte sich schon in seiner Zeit als Oppositionspolitiker für die Offenlegung der Verträge eingesetzt. Dem stand damals jedoch ein CDU/SPD-Senat unter Eberhard Diepgen entgegen. Der hatte mit den privaten Investoren RWE und Veolia die Geheimhaltung vereinbart. So blieb Wolf als Wirtschaftssenator zum Stillschweigen verpflichtet.
1999 kauften RWE und Veolia 49,9 Prozent der Berliner Wasserbetriebe für 3,3 Milliarden Mark. Nach Angaben der taz verdienten sie seither 1,3 Milliarden Euro. Satte Gewinne zu machen garantiert ihnen das Vertragswerk bis zum Jahr 2028. Entweder blechen die Berliner als Kunden mit ihren Wassergebühren oder als Bürger mit ihren Steuern. Die Wasserpreise in der Hauptstadt seien in den vergangenen zehn Jahren doppelt so stark gestiegen wie im Bundesdurchschnitt, schreibt die taz.
Nach Darstellung der Zeitung trägt auch Wirtschaftssenator Wolf dafür Verantwortung. Der Senator habe 2004 über eine Änderung der Wasserverträge verhandelt. Doch weil die Investoren von ihren garantierten Gewinnen nicht lassen wollten, habe er für die Jahre 2004 bis 2007 – ebenfalls geheim – steigende Tarife vereinbart, damit auch die Stadt, so die taz, ihren Schnitt machen könne. Zuvor hätten die Konzerne von 1999 bis 2002 stolze 89 Prozent der Gewinne allein eingestrichen.
Frank Henkel, CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, machte Wolf nun den Vorwurf, zu Lasten der Gebührenzahler gehandelt zu haben. Dies sei ein Skandal. Darauf reagierte der LINKE-Landesvorsitzende Klaus Lederer gegenüber ND mit dem Hinweis: Für Henkel sei es aber nicht skandalös, wenn in den Konzernzentralen von RWE und Veolia in Essen und Paris »die Sektkorken knallen«. Angesichts der immensen Verschuldung Berlins habe der Wirtschaftssenator keine andere Wahl gehabt. Seite 11
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