Schwarz-gelber Niedergang im Bundesrat
Wahl in Baden-Württemberg bedeutet für Union und FDP den Mehrheitsverlust in der Länderkammer
Die Niederlage der CDU in Baden-Württemberg lässt auch den schwarz-gelben Block im Bundesrat endgültig zur Minderheit schrumpfen. Die von den Oppositionsparteien regierten Länder verfügen nun insgesamt über 30 Stimmen. Die schwarz-gelb regierten Länder haben noch 25. Die Großen Koalitionen in Ostdeutschland und die Jamaika-Koalition im Saarland verfügen zusammen über 14 Mandate.
Mit dem Machtverlust der Union in Stuttgart ist das Kapitel Steuersenkungen wohl für diese Legislaturperiode geschlossen worden. Denn Steuergesetze sind in der Regel Zustimmungsgesetze und müssen von der Länderkammer bestätigt werden. Damit ist nicht mehr zu rechnen, es sei denn, die SPD kippt um. Praktisch hat sich jetzt ein Kernthema der schwer angeschlagenen Liberalen erledigt. Der endgültige Verlust der Bundesratsmehrheit verweist alle Bestrebungen der Koalition, Steuern zu senken, in das Reich der Schaufensteranträge. Das wird sie vermutlich nicht daran hindern, bis zu den Bundestagswahlen noch ein paar davon zu stellen, weil es bei der eigenen Klientel gut ankommt.
Doch damit sind ihre Probleme im Bundesrat nicht behoben. Denn der Bund ist auch bei zahlreichen anderen Gesetzen auf die Zustimmung der Länderkammer angewiesen: Bei immerhin 56 Gesetzgebungsgegenständen könnte die Kanzlerin künftig mit einem Veto aus dem Bundesrat konfrontiert werden. Nicht nur bei allen Geldleistungsgesetzen, sondern auch bei zahlreichen Verwaltungsfragen, läuft ohne die Zustimmung der Länderkammer nichts. Ob das nun unbedingt in eine Blockade der Regierung mündet, ist jedoch keineswegs sicher. Denn als Institution ist der Bundesrat eher auf Vermittlung, Kompromisse und Deals gepolt als der Bundestag. Die Kanzlerin muss sich darauf einstellen, dass sie hier mehr politischen und finanziellen Wegezoll zu entrichten haben wird.
Die Mehrzahl der Bundesgesetze ist jedoch gar nicht zustimmungspflichtig. Der Bundesrat kann hier nur mit Einsprüchen dazwischenfunken, die die Koalition im Bundestag überstimmen kann. Es sei denn, die Länderkammer erhebt mit Zwei-Drittel-Mehrheit Einspruch. Dann müsste der Bundestag dies auch mit zwei Dritteln abschmettern. Da die Koalition diese Mehrheit nicht bringen kann, wäre sie am Ende. Doch dank der SPD braucht sich die Union deswegen nicht zu beunruhigen. Selbst dann nicht, wenn sie alle weiteren Landtagswahlen, die bis zur Bundestagswahl 2013 anstehen, verliert.
Die Zwei-Drittel-Mehrheit in der Länderkammer liegt bei 46 Stimmen. Selbst wenn die Wahlen in Schleswig-Holstein (2012, vier Mandate) und Niedersachsen (Winter 2012/13, sechs Mandate) für Schwarz-Gelb schief gehen, kann die oppositionelle Zwei-Drittel-Mehrheit erst erreicht werden, wenn die SPD ihre Großen Koalitionen im Osten aufgibt. Das geht nur im Bündnis mit der LINKEN. Insofern hat Jens Bullerjahn, der sich weigert, mit der Linkspartei in Magdeburg zu koalieren, eine solide Lebensversicherung für Angela Merkel im Kanzleramt ausgestellt.
SPD und Grüne bevorzugen es derzeit, die Schwäche von Merkel lieber für sich auszubeuten, als sie in Kooperation mit der LINKEN zu stürzen. Diese Möglichkeit überhaupt einzuräumen, ist für SPD und Grüne offenbar so beunruhigend, dass sie ganz dazu schweigen. Und so mag der Zustand ihrer Koalition Merkel dieser Tage wenig Hoffnung spenden, aber auf SPD und Grüne ist wenigstens Verlass.
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