Eiszeit in China?
Ai Weiwei
Der chinesische Künstler Ai Weiwei ist verhaftet worden. Nicht zum ersten Mal hat der Regimekritiker die drohende Hand der Staatsmacht zu spüren bekommen. Fast totgeschlagen wurde der unerschrockene 53-Jährige vor zwei Jahren, offenkundig im Zusammenhang damit, dass er Lügen der Regierung aufgedeckt hatte – über Ursachen von Schul-Einstürzen, bei denen tausende Kinder ums Leben kamen.
In Deutschland, wo Ai vor allem durch seine Arbeiten »Fairytale« und »Template« auf der Documenta 2007 prominent wurde, bekam er medizinische Hilfe. Zur selben Zeit hatte er eine eigene Ausstellung in München: »So sorry« – der Titel spielte auf die Entschuldigung der Staatsoffiziellen wegen des Vorfalls an.
»Kein Pardon« dürfte derzeit die Parole des Staates gegenüber diesem Unbotmäßigen lauten. Der Abriss seines Studios in Schanghai als Strafe für eine künstlerische Aktion gegen Zensur und Unterdrückung (»Flusskrebseessen«) im Herbst 2010 war ein Schritt dahin. Die mobilisierende Kraft des Internets, die Ai Weiwei nutzt wie kein anderer Künstler Chinas, haben die Offiziellen als Gefahr im Blick.
Außer ihm wurden in den vergangenen Wochen Dutzende Anwälte, Autoren und Journalisten festgenommen oder unter Hausarrest gestellt. Die politische Führung in Peking wolle offenbar »mit allen Mitteln eine große Stabilität im Land erreichen«, erklärte Tilman Spengler, Autor und Sinologe. »Stabilität heißt in diesem Fall: die Stabilität eines Kühlschranks, wo das Frostfach zur größten Leistung hochgestellt worden ist.« Spengler war zur eben eröffneten Ausstellung deutscher Museen in Peking, »Die Kunst der Aufklärung«, mit Einreiseverbot belegt worden. Dieses große Kulturaustauschprojekt ist ein diplomatischer Hochseilakt. Deutschlands handfeste wirtschaftliche Interessen in China, dem größten Devisenbesitzer der Welt, sind bekannt – und zu den Sponsoren der Ausstellung am Platz des Himmlischen Friedens gehören nicht zufällig BMW und VW.
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