Saleh verweigert Rücktritt
Präsident Jemens unterschrieb Abdankungsvereinbarung nicht
Nach einem Krisentreffen in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad, haben die Außenminister des Golfkooperationsrats ihre Vermittlungsbemühungen vorerst eingestellt. Zuvor hatte Jemens Präsident Ali Abdallah Saleh seine Unterschrift unter ein von den Golfstaaten vorgelegtes Abkommen verweigert. Dieses sah Salehs Rücktritt innerhalb von einem Monat vor, der seit Wochen von der Protestbewegung im Land gefordert wird. Im Gegenzug wird ihm, seiner Familie und seinen Beratern Straffreiheit zugesichert. US-Außenministerin Hillary Clinton reagierte am Sonntag verärgert auf die Weigerung Salehs, die Vereinbarung zum Machtwechsel wieder nicht zu unterzeichnen.
Vertreter der Opposition hatten die Vereinbarung bereits am Vortag unterzeichnet, obwohl insbesondere die zugesagte Straffreiheit Salehs für die überwiegende Mehrheit der Demonstranten unakzeptabel ist. Obwohl Saleh anwesend war, weigerte er sich zu unterschreiben und forderte stattdessen, die Oppositionsvertreter sollten dabei anwesend sein. Er werde nur in Anwesenheit der Opposition im Präsidentenpalast unterschreiben, sagte Saleh. Sollte diese nicht kommen, »wird sie für alles die Verantwortung tragen«, drohte Saleh im jemenitischen Fernsehen. »Für das Blut, das vergossen wurde und für das Blut, das noch vergossen werden wird.«
Trotz weitreichender Zusagen scheint Saleh die Macht nicht abgeben zu wollen. Dabei schreckt er selbst gegenüber seinen bisherigen Unterstützern aus den USA, der EU und Saudi-Arabien nicht vor drastischen Maßnahmen zurück und ließ seine Anhänger die Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate in Sanaa belagern. Diplomaten konnten daher am Sonntagmorgen nicht zu der Unterzeichnung des Abkommens aufbrechen und mussten schließlich von der Armee mit dem Hubschrauber ausgeflogen werden.
Das Gezerre um den Machtwechsel in Jemen hat derweil die Lage der verarmten und weitgehend schutzlosen Zivilbevölkerung völlig aus dem Fokus verdrängt. Darauf wiesen erneut Hilfsorganisationen hin, die zum Schutz der Kinder in Jemen arbeiten. Politiker, aber auch die Eltern sollten sicherstellen, dass »Kinder nicht an politischen Demonstrationen teilnehmen oder sich dort aufhalten, wo es Auseinandersetzungen gibt«, hieß es in einem Appell. Die UN-Konvention für die Rechte der Kinder, das jemenitische Recht und das humanitäre Völkerrecht erwähnten ausdrücklich, dass Kinder unter 18 Jahren »vor jeder Gewalt, Missbrauch und medialer Ausbeutung« geschützt werden müssten. Mehr als die Hälfte der 24,3 Millionen Jemeniten ist jünger als 18 Jahre, die Jugendarbeitslosigkeit wird offiziell mit 15 Prozent angegeben, dürfte real aber weit darüber liegen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze von 1,50 Dollar am Tag. 61 Prozent der Bevölkerung sind Analphabeten.
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