Affentanz gegen Thaksin
Thailands Establishment aus Beamtentum, Monarchisten und Militär bangt um die Macht
»Für Himmel und Erde« ist die kurioseste unter den Parteien, die um die Gunst der Wähler in Thailand ringen. Ihr einziger Programmpunkt lautet »Vote No«. So minimalistisch ihre Politik ist, so üppig sind ihre Wahlplakate. Mit Affen, Büffeln, und Krokodilen in Anzug und Krawatte ruft die Partei zum Boykott von Thailands Schicksalswahl am kommenden Sonntag auf.
»Für Himmel und Erde« ist ein parteipolitischer Ableger der außerparlamentarischen PAD, deren Anhänger wegen der Farbe ihrer T-Shirts weltweit als Gelbhemden bekannt wurden, als sie im November 2008 für acht Tage den internationalen Flughafen von Bangkok blockierten. Die Nein-Stimmen werden keinen großen Einfluss auf das Wahlergebnis am Sonntag haben. Aber die Gelbhemden als die sichtbare Protestbewegung der »Unsichtbaren Kräfte«, wie Thailands Medien das mächtige, einflussreiche Establishment aus Beamtentum, Monarchisten und Militär nennen, haben nach der Wahl das Schicksal in der Hand.
Am Wahlausgang gibt es kaum Zweifel. Pheu Thai, die Partei des gestürzten, nach einer Verurteilung wegen Korruption im Exil lebenden ehemaligen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra, liegt in allen Umfragen weit vorne. Nur vor einem graut den »Unsichtbaren Kräften« noch mehr als vor der Rückkehr der Thaksin-Partei und der mit ihr verbündeten Bewegung der Rothemden an die Macht: die Rückkehr des leibhaftigen Thaksin. Eine Amnestie für Thaksin aber ist neben höchst populären, aber unsinnigen Wahlversprechen wie »Tablet-PCs für alle« das erklärte Ziel von Pheu Thai.
Die große Frage lautet: Werden Gelbhemden und die »Unsichtbaren Kräfte« die Rückkehr der als Affen und Wasserbüffel verunglimpften Männer und Frauen der Thaksin-Partei akzeptieren? Oder wird es zu einer neuen Runde von Protesten, Gewalt und Putsch kommen? Armeechef General Prayuth Chan-ocha hat wiederholt im Wahlkampf versichert, das Militär plane keinen Putsch und sei ansonsten dafür, dass nur »gute Menschen« gewählt werden. Dass er dazu nicht die Pheu-Thai-Kandidaten zählt, musste der General – einer der Putschisten gegen Thaksin –, nicht extra aussprechen
Die »Unsichtbaren Kräfte« stehen vor einem Dilemma. Die mehrfach von Gerichten aufgelösten und unter neuen Namen wiedergeborenen Thaksin-Parteien haben alle Wahlen seit 2001 gewonnen. Der Thaksinismus ist zu einer festen Größe im politischen System geworden, die den »Unsichtbaren Kräften« verhasst ist. Thitinan Pongsudhirak, Politologe an der Chulalongkorn Universität in Bangkok, warnt: Trotz ihrer Manipulationen hätten »die Kräfte hinter dem Putsch von 2006 keine Wahl gewonnen und können keine gewinnen. Aber sie können die Gewinner daran hindern zu regieren.«
Thitinan sieht als einzigen Ausweg aus der Pattsituation die Verständigung der beiden Lager auf eine gemeinsame »Road Map«. Die Anti-Thaksin-Bewegung muss das Wahlergebnis akzeptieren, auf Protestaktionen und Besetzungen sowie die Benutzung der Gerichtsbarkeit gegen die Regierung verzichten. Im Gegenzug sollten die Wahlgewinner den Armeechef auf seinem Posten belassen sowie keine einseitigen Maßnahmen gegen die Verantwortlichen für die blutige Niederschlagung der Rote-Hemden-Proteste vom Mai 2010 durchführen. Thaksin selbst solle das »ultimative Opfer« bringen und für immer Thailand entsagen.
Die Aussichten auf eine Überbrückung der tiefen Spaltung der thailändischen Gesellschaft sind düster. Die Heinrich-Böll-Stiftung prophezeit: »Egal, welche Seite die Wahl gewinnt, sicher ist, dass der Wahlsieger mit massivem Widerstand konfrontiert sein wird.«
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