Preise der Freiheit
50 Jahre Mauerbau. Eine Ausstellung und ein TV-Tipp
Herrlichster Sonnenschein am Potsdamer Platz. Strahlend blauer Himmel. Als ob es nicht tagelang gegossen hätte, auch in der deutschen Hauptstadt nicht. Am Bauzaun in der Stresemannstraße/Ecke Köthener Straße sind die Spuren des sintflutartigen Unwetters indes noch sichtbar: Krepp-Papier gleich wellt und kräuselt sich die druckfrische Ausstellung der Bundesstiftung »Aufarbeitung der SED-Diktatur« an der Bretterwand entlang. Kein zum Studieren der Bilder und Texte einladender Anblick. Anna Kaminsky von der Stiftung versicherte bei der Übergabe des jüngsten Fabrikats aus dem Hause Eppelmann baldiges Lifting.
»Freiheit und Zensur. Filmschaffende zwischen Anpassung und Opposition« nennt sich die Schau. Es werden nicht nur, wie man am Vorabend des 50. Jahrestages des Mauerbaus vermuten könnte, Filme vorgestellt, die den 13. August 1961 und die deutsche Teilung thematisieren. Am Anfang stand und steht der Klassiker »Die Mörder sind unter uns«. Er gehört auch zu den sieben DEFA-Spielfilmen, die zusammen mit den 22 Plakaten von Schulen, kommunalen und anderen öffentlichen Einrichtungen zum Preis von 75 Euro bei der Stiftung geordert werden können. Der Kultfilm »Die Legende von Paul und Paula« fehlt an der Pinnwand nicht, ist aber nicht ins DVD-Paket aufgenommen worden.
In dieses haben es hingegen »Spur der Steine« und »Einer trage des anderen Last« geschafft, aber auch »Ich war Neunzehn« und »Fünf Patronenhülsen«. Derart also gelangen unverhofft auch zwei Streifen über den antifaschistischen Kampf in bundesdeutsche Bildungsstätten.
Die im Auftrag der Stiftung von der Wilhelm-Fraenger-Gesellschaft, namentlich vom Filmhistoriker Claus Löser, erarbeitete Exposition gliedert sich in vier Kapitel: »Kriegsende und Aufbruch 1946 bis 1952«, »Manifestierung der Parteilinie 1953 bis 1960«, »Neue Hoffnungen und alte Enttäuschungen 1961 bis 1975« sowie »Von der Biermann-Affäre zur Wiedervereinigung 1976 bis 1990«. Die Auswahl aus dem reichen Nachlass der DEFA und des DDR-Fernsehens dürfte nicht leichtgefallen sein. Mancher im ostdeutschen Staat aufgewachsene Bürger wird den einen oder anderen, ihn und die Gesellschaft seinerzeit bewegenden Film vermissen.
Als die Spaltung Berlins problematisierende Produktionen sind in der Plakatausstellung »Berlin – Ecke Schönhauser« sowie »... und deine Liebe auch« präsent. Eine Zeitleiste erinnert an die wichtigsten historischen Ereignisse. Und eine fiktive Figur mit dem Ur-Berliner Spitznamen »Atze«, dessen Kommentare von Peter Ensikat stammen, sorgt für unterhaltsame Auflockerung ernster Materie.
Reizvoll wäre eine Zusammenschau von Ost- und West-Mauer-Filmen gewesen. Dies hätte auch dem von Rainer Eppelmann artikulierten Credo entsprochen, die DDR als Bestandteil »der im doppelten Wortsinn geteilten deutschen Nachkriegsgeschichte« zu sehen. Der Stiftungsvorsitzende ließ sich – wie erwartet – die Gelegenheit nicht entgehen, gegen »Geschichtspropagandisten im Umfeld der Linkspartei« zu schimpfen, die »den menschenverachtenden Mauerbau als Akt der Friedenssicherung verklären«. Wer diese seien, verriet er nicht.
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