Gelbe Karte zückt sich selbst
NRW-Liberale wollen Zünglein werden
Dr. Gerhard Papke ist ein schneidiger Redner. Der liberale Fraktionschef lässt im nordrhein-westfälischen Landtag kaum eine Gelegenheit aus, die rot-grüne Minderheitsregierung und vor allem deren grünen Part scharf zu attackieren. Die »Koalition der Einladung« möge es künftig unterlassen, bei ihm anzurufen, rief Papke vor wenigen Monaten aus nichtigem Anlass - nachdem er Rot-Grün im Januar noch kurzzeitig umschmeichelt hatte. Sofern die beiden Parteien sich in der Wirtschafts- und Sozialpolitik auf die FDP zubewegten und die Finger von der LINKEN ließen, könne man erneut über eine Ampelkoalition verhandeln, so Papke seinerzeit. Dabei war vor allem er es gewesen, der entsprechende Sondierungsgespräche nach der Landtagswahl 2010 scheitern ließ.
Furcht vor Neuwahl
»FDP stützt Rot-Grün in NRW«, ist nun in einer regional bedeutsamen Tageszeitung über »einen überraschenden Strategiewechsel« der FDP zu lesen. Die FDP wolle Rot-Grün künftig in zentralen Fragen unterstützen, so das Ergebnis eines Vieraugengesprächs zwischen Papke und SPD-Fraktionschef Norbert Römer. Dabei geht es offenbar nicht nur um den Haushalt 2012 - dass die FDP den passieren lassen wird, pfeifen die Spatzen von den Düsseldorfer Dächern. Ansonsten würden nämliche Neuwahlen drohen und die FDP flöge ziemlich sicher aus dem Parlament. Insbesondere beim »Stärkungspakt Kommunalfinanzen« - von der LINKEN als »Kürzungsprogramm« kritisiert - will die FDP die Hand mit SPD und Grünen heben.
Nein, man stünde nicht am Vorabend neuer Ampelgespräche, betont Papke in einem Interview mit dem »Kölner Stadtanzeiger«. Die FDP wolle künftig vielmehr als »konstruktive Opposition« agieren. »An dem einen oder anderen Punkt« werde sie mit Rot-Grün »projektbezogen zusammenarbeiten«. Zwar gebe es auch weiterhin Differenzen, doch Rot-Grün sei »genervt von der Linkspartei«.
Der seit Juli 2010 amtierenden Landesregierung unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) fehlt im Landtag eine Stimme zur absoluten Mehrheit. In der Vergangenheit hatte oft die Linksfraktion rot-grüne Gesetzesvorhaben passieren lassen, meist durch Stimmenthaltung. Darauf scheint Rot-Grün künftig seltener angewiesen zu sein.
Prinzipienverzicht
Damit sinkt der Einfluss der Linksfraktion. »Die FDP hat offensichtlich große Angst vor Neuwahlen«, glaubt Wolfgang Zimmermann, der Kovorsitzende der Linksfraktion. Bisher habe die FDP Rot-Grün massiv bekämpft, »nun biedert sie sich dort an«. Dass die Minderheitsregierung darauf eingeht, beweise deren Prinzipienlosigkeit. Für Zimmermann ist das ein weiteres Indiz dafür, dass Rot-Grün ihr Interesse an fortschrittlicher Politik verliere.
»Papke widerspricht nicht, wenn die FDP als einzige wirkliche Oppositionspartei in Düsseldorf bezeichnet wird.«, ist in einem Zeitungsartikel von Anfang September zu lesen, den Papke auf seiner Webseite bewirbt. Ganz frei von Widersprüchen ist der Mann, den Springers »Welt« als »patriotisch, unkorrekt, liberal« charakterisiert, also nicht. Derweil der Mix aus Crash- und Schlingerkurs den Einfluss der FDP nicht unbedingt erhöhte.
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