Falscher Lorbeer
Das, was Europas Kooperation fördern soll, wird nicht von allen Ländern immer so verstanden. Zumindest nicht von Deutschland. Die Kultusministerkonferenz (KMK) befand Ende 2011, innerhalb des europäischen Qualitätsrahmens (EQR) müsse das deutsche Abitur auf Stufe fünf von acht eingeordnet werden. Andere Länder ordnen Abschlüsse der Sekundarstufe II - und die schließen das duale Ausbildungssystem ein - der Stufe vier zu. Zur Begründung für die Sonderstellung des deutschen Abiturs verweist die KMK auf die Einzigartigkeit der deutschen Allgemeinbildung, die mit dem Abitur ein »generell wirkendes Universitätseingangszeugnis« garantiert. Damit handelt es sich beim deutschen Abitur um »keinen Schulabschluss«.
Dem widerspricht die Europäische Kommission, die 2008 die Einführung des EQR beschloss, um die europäische Mobilität für ein lebenslanges Lernen zu erleichtern. Auf einer »Peer Learning Activity«, einer Konferenz verschiedener Aus- und Weiterbildungssparten, wurde Ende September 2011 festgestellt, dass mit den Abschlüssen der Sekundarstufe II in fast allen Ländern der »uneingeschränkte Zugang zu Universitäten« möglich ist. Vereinzelnd attestierte man Beschränkungen wie den Nachweis fachbezogener Kompetenzen, aber auch den Numerus clausus in Deutschland. Hierzulande weisen DGB und der Zentralverband des Deutschen Handwerks auf die Ungleichbehandlung hin und auch der Bundestag wird sich nächste Woche mit dem Thema beschäftigen. Doch hinter allem geht der europäische Kooperationsgedanke, der auch mit dem EQR verbunden war, verloren. Deutschland täte gut daran, sich nicht mit falschem Lorbeer zu schmücken, sondern mit besten Beispiel voranzuschreiten.
Die Autorin ist Erziehungswissenschaftlerin und lebt in Berlin.
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