Gourmetessen und Schmiergeld

Ex-Chef des Saarland-Museums bekommt Bewährungsstrafe - er sieht sich als Bauernopfer

  • Jörg Fischer, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Erste juristische Runde im Skandal um das Saarland-Museum: Wegen Gourmetessen und Korruption hat Ex-Museums-Chef Melcher eine Bewährungsstrafe erhalten. Der arbeitslose Kunstexperte will die Vorwürfe aber nicht auf sich sitzen lassen.

Saarbrücken. Häufig speiste der frühere Direktor des Saarland-Museums fürstlich auf Kosten des Steuerzahlers und kassierte nach Überzeugung der Richter Schmiergeld - deswegen erhielt der Kunstexperte Ralph Melcher nun eine zehnmonatige Bewährungsstrafe. Das Landgericht Saarbrücken sah es am Montag als erwiesen an, dass sich der 44-Jährige in 42 Fällen der Untreue und in drei Fällen der Vorteilsannahme schuldig gemacht hat. Die Verteidigung kündigte Revision gegen das Urteil an.

Der Prozess ist ein Aspekt im Skandal um die Erweiterung des Museums. Die Kosten sind nach Schätzungen inzwischen auf knapp 30 Millionen Euro gestiegen. Der Skandal war nach einem Bericht des Rechnungshofs über vermeintliche Bau- und Planungsfehler und Vorwürfe gegen Melcher im vergangenen Jahr ins Rollen gekommen. Die Staatsanwaltschaft hatte dem ehemaligen Vorstand der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz unter anderem vorgehalten, zwischen 2006 und 2010 den gut bezahlten Projektsteuerer bei der Erweiterung der Modernen Galerie des Museums immer wieder zum Essen eingeladen zu haben. Zudem habe er von dem Geschäftspartner Geld und andere Leistungen angenommen. Melcher selbst hatte in seinem Schlusswort mit tränenerstickter Stimme eingeräumt, sich »sicherlich naiv verhalten« zu haben, die Tatvorwürfe aber bestritten.

Am schwersten wertete das Gericht, dass Melcher 2009 gut 8000 Euro von dem Projektsteuerer bekam. Ein Gutachten Melchers als Gegenleistung schrieb dieser nach Ansicht der Richter erst nachträglich. Die Essen des »Amtsträgers« mit dem Projektsteuerer sah das Gericht als besonders schwere Fälle von Untreue an.

Als strafmildernd sei zu berücksichtigen, dass in der Stiftung ein »rechtsfreier Raum« bestanden habe, in dem dies geschehen konnte, sagte die Vorsitzende Richterin Christiane Schmitt. Zudem sei nicht zu erwarten, dass Melcher rückfällig werde. Der Kulturmanager sagte in seinem emotionalen Schlusswort: »Ich verstehe auch erst allmählich, wo meine Fehler in der Öffentlichkeit gesehen werden.« Auslöser der Vorgänge sei »Zeitdruck, öffentlicher Druck, politischer Druck, privater Druck« gewesen. Er werde voraussichtlich nicht noch einmal in eine solche Situation kommen, aber wenn, dann würden ihm solche Fehler nicht wieder passieren. Neben der Bewährungsstrafe soll Melcher in Raten eine Buße von 5000 Euro zahlen. Die Anklage hatte neben einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten gefordert, Melcher solle 10 000 Euro an die Homburger Tafel geben. Die Essen Melchers seien eine »gravierende, evidente Pflichtverletzung« gewesen. »Es ging um privaten Genuss auf Kosten der Stiftung und letztendlich auf Kosten der saarländischen Steuerzahler«, so der Staatsanwalt.

Dagegen waren die Essen nach den Worten von Verteidiger Christoph Clanget dem saarländischen »System« geschuldet, diese Praxis dem ortsfremden Melcher geradezu vorgelebt worden. »Es wird ein Bauernopfer gesucht. Und es ist eins gefunden worden.«

Ein Untersuchungsausschuss versucht derzeit zu klären, wer politisch für die Kostensteigerungen und vermeintlichen Fehlplanungen beim Saarland-Museum verantwortlich war. Dabei stehen auch ehemalige Kulturminister von der CDU unter Druck, darunter die jetzige Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und ihr Vorgänger Jürgen Schreier. Beide waren als Kulturminister gleichzeitig Kurator der Stiftung und damit Dienstherren von Melcher.


Kostenexplosion

Der frühere Chef des Saarland-Museums hat Vorwürfe bestritten, dass es bei der Erweiterung des Museums zu einer Kostenexplosion gekommen sei. Laut Ralph Melchers waren die Gesamtkosten für das Projekt bei der Auftragsvergabe am 18. März 2009 bis zur geplanten Fertigstellung im Mai dieses Jahres bereits auf gut 23 Millionen Euro beziffert worden. Die heutige Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte als damalige Kulturministerin beim ersten Spatenstich vier Monate später geschätzte Kosten für den 4. Pavillon der Modernen Galerie von 14,5 Millionen Euro genannt. (dpa/nd)

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