In den Startlöchern
Nach Auflösung des Landtages machen sich die Parteien bereit zur Wahl
Am Tag nach dem Scheitern der rot-grünen Minderheitsregierung begann gestern in Nordrhein-Westfalen der Wahlkampf. Die bisherige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sagte, die SPD wolle stärkste Partei werden und anschließend die rot-grüne Koalition fortsetzen. »Wir sind gut aufgestellt, die Partei ist hochmotiviert.« Die SPD gehe »kampfbereit und entschlossen« in den Wahlkampf. Dessen Schwerpunkte seien die Themen Bildung, Kommunalfinanzen, Kitas und der Erhalt des Industriestandortes NRW.
»Ich bleibe in Nordrhein-Westfalen«, fügte Kraft mit Blick auf etwaige Ambitionen auf eine Kanzlerinnenkandidatur bei der Bundestagswahl 2013 hinzu. Auch die beiden Spitzen der grünen Landespartei plädierten für eine Fortsetzung von Rot-Grün. Ihre Partei, so Monika Düker und Sven Lehmann, habe zwei Wahlziele: »Stärkere Grüne im nächsten Landtag und eine stabile Mehrheit für die Fortsetzung der Regierung aus Grünen und SPD.«
Jüngsten Umfragen zufolge würde Rot-Grün nach der Wahl über eine stabile Mehrheit im Landtag verfügen. Allerdings würde es auch für Schwarz-Grün reichen. CDU-Landeschef und Spitzenkandidat Norbert Röttgen brachte diese Option gestern ins Gespräch: Die alten Lager gebe es nicht mehr, betonte der Bundesumweltminister. Wenn die CDU stärkste Partei bleibe, »dann können wir mehrere Koalitionsoptionen haben«. Grünen-Bundestagsvize Bärbel Höhn erteilte Schwarz-Grün indes eine halbe Absage: Dank guter rot-grüner Umfragewerte müsse nicht über eine Koalition mit der CDU nachgedacht werden, so die in NRW verwurzelte Parteilinke.
Die FDP, der in Umfragen derzeit zwei bis drei Prozent Zustimmung prognostiziert werden, hat sich derweil noch nicht für einen Spitzenkandidaten entschieden. Gehandelt werden Landeschef und Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, Landtagsfraktionschef Gerhard Papke und Christian Lindner, der zurückgetretene Generalsekretär.
Die LINKE muss um den Einzug in den Landtag bangen. Fraktionschef Wolfgang Zimmermann verteidigte aber die Entscheidung seiner Fraktion, den Haushalt scheitern zu lassen. Er zeigte sich zudem überzeugt, dass der LINKEN der Wiedereinzug ins Parlament glücken werde. Höchstwahrscheinlich wird künftig auch die Piratenpartei im Landtag vertreten sein.
Der NRW-Landtag hatte sich vorgestern für alle Beobachter überraschend aufgelöst, nachdem der rot-grüne Haushalt am geschlossenen Nein der Oppositionsfraktionen CDU, LINKE und FDP gescheitert war. Die Landtagsverwaltung hatte tags vorher erklärt, der Etat könne bereits in zweiter Lesung scheitern, sofern auch nur bei einem einzigen Etatposten keine Mehrheit zustande komme. Das habe man den Fraktionschefs am Dienstag Nachmittag um 15 Uhr mitgeteilt, so Landtagspressesprecher Zinnkann gegenüber »nd«. Die rechtliche Prüfung habe die Landtagsverwaltung von sich aus initiiert, nachdem klar geworden sei, dass es in der zweiten Lesung keine Mehrheit für rot-grünen Haushaltsentwurf geben würde.
So passierte es auch. Weder die FDP noch die LINKE mochten spontan als Mehrheitsbeschaffer für die bisherige Minderheitsregierung einspringen, der im bisherigen Landtag eine Stimme zur Mehrheit fehlte.
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