Abweichlern im Bundestag droht Maulkorb
SPD, Union und FDP wollen neue Regelung durchsetzen
Berlin (AFP/nd). Die Pläne zur Neuregelung des Rederechts im Bundestag von Union, SPD und FDP stoßen parteiübergreifend auf Widerstand. Kritiker bemängeln, dass das Rederecht von Abweichlern unter den Abgeordneten eingeschränkt wird.
Hintergrund der geplanten Änderung ist, dass Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) in den Debatten über die sogenannte Euro-Rettung Abweichlern von CDU und FDP das Wort erteilt hatte, obwohl sie nicht von ihren Fraktionen als Redner nominiert worden waren. Nach Angaben des Parlamentarischen Geschäftsführers der FDP-Fraktion, Jörg van Essen, soll eine neue Regelung für von der Mehrheitsmeinung der Fraktion abweichende Redner geschaffen werden. Grundsätzlich sei eine Redezeit von drei Minuten vorgesehen. Bei zusätzlichem Rederecht für Abweichler müsse der Bundestagspräsident alle Fraktionen darüber informieren. Erklärungen zur Abstimmung sollten künftig grundsätzlich schriftlich erfolgen.
Mehrere Bundestagsvizepräsidenten äußerten sich kritisch. Er sehe keine ausreichende Begründung für diese Einschränkung der Rechte von Abgeordneten, »die nach dem Grundgesetz nur ihrem Gewissen verpflichtet sind«, sagte der FDP-Politiker Hermann Otto Solms der »Süddeutschen Zeitung«. Petra Pau von der LINKEN sprach sich dafür aus, eine solche Regelung in Karlsruhe prüfen zu lassen, falls der Bundestag die Novelle beschließen sollte. Ihre Grünen-Kollegin Katrin Göring-Eckardt sagte, damit würden die Rechte von Abgeordneten beschnitten sowie alle Möglichkeiten, die Bundestagsdebatten lebhafter zu gestalten. Wolfgang Thierse (SPD) sagte der Zeitung »Sonntag Aktuell«: »Die Abgeordneten können auch künftig darauf vertrauen, dass der Sitzungspräsident souverän und weise darüber wacht, dass auch das Rederecht des einzelnen Abgeordneten gewahrt bleibt.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.