Solidarität mit Hungerstreikenden in Straßburg
Einstiger Anwalt Nelson Mandelas: PKK muss wie einst ANC in Dialog einbezogen werden
Vor der Straßburger Kirche St. Maurice, dem Ort des Hungerstreiks, versammelten sich gut 500 Menschen. »Wir streiten dafür, dass der Europarat politischen Druck auf die Türkei ausübt, die Menschenrechte einzuhalten. Es darf nicht sein, dass wirtschaftliche Interessen höher bewertet werden als die Würde der Menschen und die Rechte der Kurden«, erklärte Fuad Kav als Sprecher der Aktivisten. Die Parlamentarier brachten ihre Solidarität mit den Hungerstreikenden zum Ausdruck. »Die verantwortlichen Politiker müssen bezüglich der Demokratisierung der Türkei sowie der Rechte der Kurden endlich handeln und nicht nur zahnlose Dokumente produzieren,« forderte die belgische EU-Abgeordnete Freda Brepols aus der Grünenfraktion.
»Vier Hungerstreikende mussten bereits ins Krankenhaus gebracht werden. Es ist zu befürchten, dass einige Aktivisten nicht nur langfristig ihre Gesundheit verlieren, sondern auch sterben könnten«, warnte der betreuende Arzt im Gespräch mit »nd«.
Der Hungerstreik habe Politik und Öffentlichkeit für die Situation in der Türkei sensibilisiert, das sei ein Erfolg, meinte Jürgen Klute, Europaabgeordneter der LINKEN. »Es wäre gut, diese Aktionsform aus einer solchen Position der Stärke nach 50 Tagen zu beenden.«
Essa Moosa, der einst Nelson Mandela verteidigt hatte und später Richter am Obersten Gericht Südafrikas war, zog Parallelen: »Abdullah Öcalan ist wie Nelson Mandela in Südafrika in der Position, einen Weg zum Frieden zu bereiten. Jetzt wird dem Politiker jedoch seit acht Monaten selbst der Besuch von Anwälten und Verwandten verweigert. Die Hungerstreikenden fordern zu Recht, dass sich das Komitee zur Verhinderung von Folter (CPT) sofort um seine Haftsituation und seine Gesundheit kümmert.« Um eine Gesellschaft friedlich reformieren zu können, müsse man die Realitäten anerkennen, sagte der Jurist. Auch der ANC sei - wie die PKK heute - lange Zeit als terroristische Organisation gebrandmarkt worden. »Juristisch betrachtet, ist die PKK eine in der Bevölkerung verankerte Befreiungsbewegung in einem bewaffneten Konflikt. Deshalb und weil sie sich für die Rechte und die Freiheit der kurdischen Bevölkerung einsetzt, muss sie, wie einst der ANC, in einen Dialog einbezogen werden«, forderte Moosa.
Leyla Zana, Abgeordnete der Partei für Frieden und Demokratie (BDP) und Trägerin des Sacharow-Preises, hatte mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), die Türkeipolitik der EU und die Situation der Hungerstreikenden erörtert. Auf einer Pressekonferenz der Vereinten Europäischen Linken im EU-Parlament kritisierte sie die gewaltorientierte Politik der türkischen Regierung und äußerte sich besorgt: »Ich hoffe, dass der Schatten des Todes, der in der Türkei allgegenwärtig ist, nicht auch noch Straßburg erreicht.«
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