Heißer Sommer für Merkel

Ferienlaune ade: Verfehlte Kanzlermehrheit, Basisgrummeln, Ökonomenschelte

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Sommer kann für die Kanzlerin und CDU-Chefin turbulent werden. Nicht nur, weil Sondersitzungen des Parlamentes drohen. Auch das Grummeln an der Parteibasis und die Schelte namhafter Ökonomen dürften Angela Merkel die Ferienlaune tüchtig vermiesen.

Am vergangenen Freitag zur letzten Parlamentssitzung vor der Sommerpause hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert die Abgeordneten mit Blick auf drohende Sondersitzungen wegen der Euro-Rettung gemahnt, nicht so weit rauszuschwimmen. Sorgloses Planschen wo auch immer dürfte Kanzlerin Merkel inzwischen sowieso vergangen sein. Nicht nur, dass sie bei den diversen Abstimmungen über ESM-Vertrag und Fiskalpakt mehrfach die Kanzlermehrheit verfehlt hatte, bevor sie gen Brüssel entfleuchte. Nach ihrem wenig erbaulichen Gipfelsturm drohte auch noch der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer indirekt mit dem Bruch der Koalition bei immer neuen und teureren EU-Hilfen.

Derlei weitreichende Konsequenzen hat der von »Bild« auch Horst Drehhofer bezeichnete bajuwarische Heißsporn inzwischen mehrfach zu dementieren versucht. Dass aber sowohl in der Unionsfraktion als auch in den Niederungen beider Schwesterparteien das Grummeln über Merkels nationale wie internationale Krisenbewältigung zunimmt, dürfte der Kanzlerin nicht verborgen geblieben sein. Wohl auch deshalb hat gestern eine CDU-Sprecherin für den Herbst sechs Basiskonferenzen mit der Parteichefin und ihrem Generalsekretär Hermann Gröhe angekündigt. Sie sollen vermutlich als Kummerkasten und Stimmungskanonen fungieren. Schließlich wird beim Parteitag Anfang Dezember in Hannover die CDU-Spitze neu gewählt.

Ob es beiden gelingt, die Wogen zwischen Zweifel und Verunsicherung über das Agieren der Kanzlerin zu glätten, wird nicht wesentlich von diesem Sommer abhängen. Zum einen kündigte die SPD an, die gemeinsam mit den Grünen Merkel trotz der Gegenstimmen aus den eigenen Reihen die Zweidrittelmehrheit bei den Abstimmungen über ESM und Fiskalpakt gesichert hatte, künftig nicht mehr ganz so handzahm sein zu wollen. Zumindest gab das deren Haushaltexperte Carsten Schneider gegenüber »Spiegel-online« zu Protokoll. Zum anderen sollen sich die ganz Konservativen in der CDU, die bekanntlich schon seit Jahren Probleme mit Merkels »Modernisierungskurs« haben und sich als Wächter des christlichen Wertefundaments der Union begreifen, im August zum Zusammenschluss anschicken, so das »Westfalen-Blatt«.

Während die Kanzlerin bei parlamentarischer und innerparteilicher Opposition noch auf Abkühlung hoffen darf, sieht sie sich schon jetzt mit unerwartetem Widerstand konfrontiert. 160 Ökonomen verurteilen in einem offenen Brief, der heute in der FAZ erscheint, die EU-Gipfelbeschlüsse zur Euro-Rettung. Der Text stammt aus der Feder des neoliberalen Chefs des ifo-Instituts Hans-Werner Sinn, der schon seit längerem Deutschland durch Merkels Politik in der Falle sieht.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -