Tattoo-Mann

Vladimir Franz / Der Prager Künstler will tschechischer Präsident werden

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 2 Min.

Die erst Hürde hat Vladimir Franz genommen. Als der Prager Komponist, Maler und Hochschullehrer im August bekannt gab, für das Präsidentenamt kandidieren zu wollen, musste er der Nachrichtenagentur CTK noch versichern, dass seine Bewerbung keineswegs Satire sei. 20 Frauen und Männer wollten zur ersten Direktwahl eines tschechischen Staatschefs im Januar 2013 antreten; dieser Tage haben acht das Placet der Wahlkommission erhalten, weil sie die formalen Voraussetzungen erfüllt hätten - die Nominierung durch Parlamentsabgeordnete und Senatoren oder durch 50 000 Bürgerunterschriften, so wie Franz.

Neben einstigen Regierungschefs wie Jan Fischer und Milos Zeman nimmt sich der 53-Jährige wie ein Exot aus. Vor allem, weil er eine ganz besondere Haut zum Markte trägt: Franz ist von Kopf bis Fuß tätowiert. Ein Gegenentwurf zum etablierten Politiker, eine Art Appell zur Toleranz. Nicht wenige Tschechen zeigten sich entsetzt, als sie von seinen präsidialen Ambitionen hörten; aber es gibt auch viele, die interessant finden, was hinter der Fassade steckt. Schließlich wurde Franz durch eine Facebook-Initiative animiert.

Der gebürtiger Prager studierte Jura und promovierte. Doch im sozialistischen Rechtssystem wollte der Sohn eines Elektroingenieurs und einer Krankenschwester dann nicht heimisch werden. Er entschied sich für eine künstlerische Laufbahn, lernte beim Maler Karel Soucek und beim Komponisten Vladimir Sommer, schrieb Musik für das Arbeitertheater in Most. Heute lehrt der sechsfache Gewinner des renommierten Alfred-Radok-Theaterpreises u.a. an der Prager Akademie der Musischen Künste. Wenn am Wahlvorabend die große Fernsehdebatte der Kandidaten stattfindet, wird seine Adaptation des Capek-Romans »Der Krieg mit den Molchen« an der Prager Staatsoper Premiere feiern. Links, rechts, das sind keine Kategorien für Franz, und auf konkrete politische Fragen fehlt ihm zuweilen die Antwort. Doch »er stinkt nicht nach all dem, was man täglich in den Medien mitbekommt«, begründete unlängst ein junge Frau ihre Absicht, ihn zu wählen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.