Windeln und trösten rund um die Uhr
In Dänemark testet man einen »Babysimulator« bei jungen Mädchen mit Kinderwunsch
Der Kinderwunsch ist tief verwurzelt in der menschlichen Psyche, aber was die Pflege rund um die Uhr für die jungen Eltern, und hier trotz Gleichberechtigung insbesondere für junge Mütter, bedeutet, können sich nur die wenigsten Jugendlichen vorstellen. Trotzdem sehen weibliche Teenager die Schwangerschaft als willkommene Fluchtmöglichkeit aus dem Alltag, wenn Probleme in Elternhaus und Schule, mangelnde Fürsorge von Seiten ihrer Eltern u. ä. überhandnehmen. Fernsehserien, die die »Jungen Mütter« zu Idolen stilisieren, tun ihr übriges, um diese Alternative attraktiver erscheinen zu lassen statt eine Ausbildung zu beginnen oder nur die Schule abzuschließen. Die Gruppe der 14- bis 16-Jährigen ist unter den Müttern überrepräsentiert.
Um diesen Trend entgegenzuwirken, bieten gegenwärtig zwölf Kommunen in Dänemark jungen Mädchen an, einen Babysimulator über einen Zeitraum von neun Tagen zu pflegen. Dieser hat Größe, Gewicht und Aussehen eines Babys und verlangt Pflege rund um die Uhr. Die Ernährung muss simuliert werden, die Windeln gewechselt und Trost gespendet - über 24 Stunden hinweg. Ein Chip registriert, wann die Mutter in spe dies macht und mit welcher Intensität. Die Sozialberaterin, die speziell für diese Aufgabe geschult worden ist, bekommt die Daten nach Ende der Versuchsperiode zur Auswertung. Die Versuchsperiode beginnt jedoch nicht einfach mit der Übergabe einer Puppe und der stillen Hoffnung des Fachpersonals, dass die Realitäten der Kinderpflege den Wunsch nach Mutterschaft auf ein reiferes Alter verschieben. Am Anfang stehen gründliche Gespräche, um die Gründe des Kinderwunsches sowie die sozialen Umstände des Mädchens festzustellen. Seitens der Sozialbehörde wird unterstrichen, dass es nicht darum geht, den Kinderwunsch durch eine Schreckbehandlung abzuwürgen, sondern darum, eine Entscheidung auf qualifizierterer und reiferer Grundlage treffen zu helfen.
Die bisherigen Erfahrungen, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren gesammelt wurden, zeigen, dass viele Mädchen mit Hilfe dieser simulierten Babyzeit den Ernst der Entscheidung, ein Kind zu bekommen, verstehen und akzeptieren. In einer Reihe von Fällen wurde der Testzeitraum vorzeitig abgebrochen, wenn sich beim betroffenen Mädchen Schlafmangel einstellt und die Erkenntnis reift, dass hier ein 24-Stunden-Dienst abzuleisten ist. Gleichgültig, ob das Mädchen die Testperiode absolviert oder nicht, schließt die Babyzeit mit einem erneuten Gespräch ab, um über die neuen Erfahrungen zu sprechen und bei der Zukunftsplanung zu helfen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.