Weltkenntnis und Witz

  • Joochen Laabs
  • Lesedauer: 2 Min.

Ich las seine Bücher in der Reihenfolge ihres Erscheinens in der DDR, als Auftakt »Der König David Bericht«. Und war mit den ersten Seiten belehrt und nahm meine vorschnelle geistige Umarmung zurück: Wer solches verfasst, der kommt von ganz woanders her, von viel weiter als ich, tief verwurzelt im Menschheitsgeschichtlichen, ein Mann mit Weltkenntnis und Weltverständnis, dem Witz und Sprachvermögen zur Verfügung stehen, um souverän und tolerant mit den Dingen umzugehen, auf die es ihm ankommt. Natürlich war unverkennbar, dass es ihm auch auf die DDR ankommt , wenn es um den Auftrag für den Einzigen Wahren und Autorativen, Historisch Genauen und Amtlich Anerkannten Bericht geht ..., die Heroischen Taten und Wunderbaren Leistungen des David ben Jesse... Abermals eine unverblümte, wenn auch als große Parabel erzählte Herausforderung der Gesellschaft, von der wir vereinnahmt waren.

So beeindruckend sinnlich fassbar die Geschehnisse in einem Jerusholayim von vor Zwei- bis Dreitausend Jahren geschildert werden, es geht um höchst aktuelle Zustände, das Netz der Unwahrheiten, das über die DDR geworfen war, in dem sie sich zusehends verfing, die Nöte und Herausforderungen derjenigen, die sich zu Wort melden, egal, ob von außen oder durch sich selbst beauftragt, also auch meine, der ich als Schriftsteller meinen Platz in der Gesellschaft zu finden versuchte. Aber indem das aktuelle Dilemma an den alttestamentarischen Abläufen gespiegelt und vermessen wird, öffnete es mir die Augen. Ich meinte, nicht nur zu erfassen, was Stefan Heym herausfordert, sondern außerdem Signale zu erhalten, was ihn ausmacht, welches Fundament ihn trägt, einen deutschen Juden, einen Emigranten, einen Antifaschisten, einen Unbeugsamen.

Zum Weiterlesen: »Ich habe mich immer eingemischt. Erinnerungen an Stefan Heym. Herausgegeben von Therese Hörnigk. Verlag für Berlin-Brandenburg. 180 S., 25 Abb., geb., 16,95 €.«

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