Hochspannung in Venezuela
Regierung und Opposition stehen sich weiter unversöhnlich gegenüber
Die venezolanische Krise weitet sich aus: »Ich habe Beweise, wir werden sie alle in den nächsten Stunden vorlegen: Die US-Botschaft hat alle Gewalttaten in diesem Land gesteuert und finanziert.« Diese Worte des am Sonntag mit einer knappen Mehrheit ausgestatteten Interimspräsidenten Nicolás Maduro erinnern an vergangene Zeiten. Beim Putschversuch gegen Hugo Chávez am 11. April 2002 zogen inzwischen eingestandenermaßen Emissäre der US-Regierung mit an den Strippen. Maduro muss nun Worten Taten folgen lassen und die angekündigten Beweise der Öffentlichkeit präsentieren. Maduro sagte außerdem, dass er Capriles in seiner Funktion als Gouverneur nicht mehr anerkenne, und schloss rechtliche Schritte gegen ihn nicht aus. Der Oppositionspolitiker Leopoldo López behauptete via Twitter, es seien Haftbefehle gegen ihn und Capriles ausgestellt worden. »Das ist kein Gerücht. Meine Quellen haben mir bestätigt, dass die Befehle gegen mich und Capriles erlassen wurden.« Damit hat sich der Konflikt nach den Wahlen am Sonntag deutlich zugespitzt.
Capriles kritisierte Unregelmäßigkeiten bei der Wahl und fordert eine Neuauszählung jeder einzelnen Stimme. Was er indes unterlassen hat, ist die erforderlichen Schritte bei der nationalen Wahlbehörde einzuleiten. Dies spricht eher für ein politisches Manöver denn für ein ernsthaftes Anzweifeln des Wahlergebnisses.
Am Wahlprozedere in Venezuela lässt sich wenig aussetzen. In jedem Wahllokal waren Vertreter der Opposition bei der Auszählung zugegen. Die Wahlergebnisse des ganzen Landes wurden der Opposition zur Verfügung gestellt.
Capriles weiß in seinem Vorgehen die USA und andere der bolivarischen Regierung kritisch gegenüberstehende Administrationen hinter sich. Aus gut informierten Kreisen hieß es, dass die Bundesregierung die Wahlen als »nicht frei aber fair« einstuft und das Ergebnis anerkennen will oder bis vor Kurzem wollte.
Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft kamen bislang sieben Menschen ums Leben, rund 60 wurden verletzt. Die Armee ist in Alarmbereitschaft und kontrolliert verstärkt die Straßen in Caracas.
Inmitten der Proteste laufen die Vorbereitungen für Maduros Amtsvereidigung am Freitag in Caracas, zu der nach Regierungsangaben mindestens 15 ranghoch besetzte Delegationen aus dem Ausland erwartet werden. Zugesagt haben unter anderen Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner, Boliviens Staatschef Evo Morales und Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Zudem kommen Vertreter aus China und Saudi-Arabien. Maduro tritt die Nachfolge des am 5. März nach langer Krebskrankheit gestorbenen Chávez an. Sein Mandat dauert bis 2019.
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