Säen & Ernten gut für die Psyche

An der Universität Rostock wird erstmals das Fach Gartentherapie gelehrt

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 3 Min.
Gärten hatten im Laufe der Zeit unterschiedliche Funktionen. Sie waren Kunstwerke berühmter Architekten, Teil luxuriöser Anwesen, dienten der Präsentation von Pflanzen, dem Anbau von Nahrungsmitteln oder schlicht der Erholung. Neuerdings soll ihr gesundheitserhaltender Effekt professionalisiert werden. Die Gartentherapie strebt nach universitären Weihen.

Gesünder durch Gartenarbeit - Mit diesem Slogan warb die Universität Rostock in Mecklenburg-Vorpommern im vergangenen Jahr für ein neues berufsbegleitendes Angebot, die Gartentherapie. Zahlreiche Interessenten bewarben sich für das Format, das am 1. April dieses Jahres begann.

Nach etwa eineinhalb Jahren wird der Studiengang für die ca. 25 Teilnehmer - beworben hatten sich sechs Mal so viele - mit dem Abschluss eines Zertifikates der Universität Rostock enden. Sie haben dann gelernt, wie man beispielsweise in der Pflege oder der Rehabilitation, in der Kinder- und Jugendarbeit, in Einrichtungen zur Betreuung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen die Gartenarbeit einbinden kann. Das Projekt KOSMOS (Konstruktion und Organisation eines Studiums in offenen Systemen) macht es möglich, dass die Teilnahme an der wissenschaftlichen Weiterbildung kostenfrei ist. Das Studienformat wird in Rostock entwickelt und erprobt - gefördert von Bundesbildungsministerium und Europäischem Sozialfonds.

Gartentherapie soll gezielt zur Stärkung des sozialen, psychischen und körperlichen Wohlbefindens von Menschen eingesetzt werden. Wie sie funktionieren kann, wird im Laufe des Projektes konkretisiert. Sie »ist ein hervorragendes Mittel, gerade älteren Menschen Hilfe zur Gesunderhaltung und zur Wiederherstellung geistiger und körperlicher Aktivität zu vermitteln«, glaubt der Rektor der Universität Rostock, der Mediziner Wolfgang Schareck. Die Weiterbildung biete auch Ansätze für die Forschung. So könne untersucht werden, wie sich frische Luft und eine duftende Pflanzenwelt auf die Psyche Demenzkranker auswirkten. Wenn Patienten selbst gärtnerisch tätig werden könnten, würde dies ihr Selbstwertgefühl, das Wohlbefinden und den Krankheitsverlauf sicher positiv beeinflussen. Schareck befürwortet, dass sich die Hochschule für solche Angebote öffnet.

Partner des interdisziplinären Zertifikatskurses sind der Botanische Garten der Universität Rostock und die Fachschule für Agrarwirtschaft des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Zu den Initiatoren gehört der Landschaftsarchitekt Thomas Henschel. Bereits in den 90er Jahren, als er das Seniorenzentrum in der Kleinstadt Tessin plante, befasste er sich mit diesem Thema.

Während der drei Semester lernen die künftigen Gartentherapeuten neben den Grundlagen von Botanik, Gartenbau und therapeutischem Handeln einiges über die spezielle Didaktik in diesem Bereich, sie beschäftigen sich mit Kommunikation, Konfliktbewältigung und Praxis. Verschiedene zusätzliche Themen werden in Form von Wahlpflichtmodulen angeboten. Dazu gehören Naturheilverfahren und Arzneipflanzen, die Bedeutung des Gartens für die Ernährung sowie Gartenplanung und Gartenmanagement.

»Gartentherapie bietet sehr viel, sowohl für den Therapeuten als auch für dessen Klienten. Die Beschäftigung mit dem Garten als einer natürlichen Umgebung und die kreativen und individuellen Gestaltungsmöglichkeiten sprechen sehr viele Grundbedürfnisse des Menschen an«, sagt Dr. Karin Kraft, eine der Dozentinnen dieser neuen Weiterbildung. »Es können so Heilungsvorgänge zum Beispiel bei vielen stressabhängigen Erkrankungen eingeleitet werden, die auf andere Weise nicht zu erreichen sind.

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