Türkei-Proteste: Facebook soll Daten weitergegeben haben
Behörden loben soziales Netzwerk für Zusammenarbeit/ Rüge für Twitter
Es ist ein Lob, auf das man im Menlo Park sicherlich gerne verzichtet hätte: „Facebook arbeitet seit langer Zeit mit türkischen Behörden zusammen. Wir haben keine Probleme mit ihnen.“ Dies gab der türkische Verkehrsminister Binali Yildrim am Mittwoch gegenüber der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu Agency bekannt.
Die Reaktion des Unternehmens erfolgte nur wenige Stunden später. Facebook habe „bezüglich Regierungsanfragen im Rahmen der Proteste keine Nutzerdaten an türkische Behörden weitergeben“, heißt es in einer online veröffentlichten Erklärung. Nur wenn „eine unmittelbare Bedrohung von Leben oder Kindern“ bestehe, arbeite man mit den Behörden zusammen.
Vor allem unter türkischen Facebook-Nutzern hat das Statement des Ministers schnell wütende Reaktionen ausgelöst: „Wer soll euch das denn nach Prism noch glauben?“, fragt ein User in Anspielung auf die kürzliche aufgedeckte Weitergabe von Nutzerdaten an den amerikanischen Geheimdienst NSA.
„Zuckerberg tritt zurück“ schreibt ein anderer in Anlehnung an den Erdogan-kritischen Protestslogan „Tayyip isitifa“ auf der Facebook-Seite des Gezipark-Protests. Ein dritter fragt: „Wo liegt der Unterschied zwischen denen, die uns einsperren und jenen, die unsere Adressen verraten?“ Mehrere dutzend Türken wurden in den vergangenen Wochen verhaftet, nachdem sie regierungskritische Kommentare auf sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter gepostet hatten.
Dass es scheinbar auch anders geht, zeigt eben jener Kurznachrichtendienst: Mehrmals wurde Twitter von türkischen Regierungsvertretern in den letzten Wochen dafür kritisiert, die Identität von Usern, die regierungskritische Kommentare gepostet hatten, nicht preiszugeben. Und auch der türkische Verkehrsminister Yildrim fand am Mittwoch unfreiwillig lobende Worte für das Unternehmen: Twitter habe trotz „notwendiger Warnungen“ nicht dieselbe „positive Einstellung“ gezeigt wie Facebook.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.