Flammende Proteste in Sudan

Militär schlägt Widerstand gegen Benzinpreiserhöhungen blutig nieder

Nach blutigen Protesten gegen Benzinpreiserhöhungen hat Sudans Regierung angekündigt, weiter mit militärischer Härte gegen die Demonstranten in der Hauptstadt Khartum vorzugehen. Bei Zusammenstößen zwischen Soldaten und Demonstranten sind in den vergangenen drei Tagen mindestens 29 Menschen getötet worden.

In Deutschland schmerzen Benzinpreiserhöhungen, in Sudan gehen sie ans Existenzielle: Ein höherer Benzinpreis bedeutet dort neben direkt höheren Mobilitätskosten auch indirekt wegen steigender Transportkosten höhere Lebensmittelpreise. Solche Zusammenhänge führen in armen Ländern schnell zu Aufständen. Selbst der populäre bolivianische Präsident Evo Morales sah sich zum Jahreswechsel 2010/11 nach wenigen Tagen genötigt, die aufgehobenen Benzinpreissubventionen nach Massenprotesten wieder einzuführen. Das ist in Sudan von der Regierung des 1989 durch einen Putsch an die Macht gelangten Omar al-Baschir nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Die Onlinezeitung »Sudan Tribune« berichtete am Donnerstag unter Berufung auf den sudanesischen Regierungssprecher Ahmed Bilal, dass die Regierung die Proteste mit drakonischer Härte unterbinden will.

Al-Baschir, der per Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der sudanesischen Provinz Darfur gejagt wird, hatte am Sonntag die Streichung weiterer Subventionen angekündigt. Daraufhin begannen Demonstrationen in Gezira südlich von Khartum, die schnell in die Hauptstadt schwappten. Tankstellen, Autos und ein Universitätsgebäude wurden in Brand gesetzt.

In Sudan genügten oft weit kleinere Anlässe als eine Benzinpreiserhöhung, um viele Menschen auf die Straßen zu bringen, sagte Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) gegenüber »nd«. Seit 2011 fänden wöchentlich unter dem Radarschirm westlicher Medien Proteste gegen die sich seit der Abtrennung des ölreichen Südsudans verschlechternde soziale Lage statt - und für eine politische Öffnung und einen Regimewechsel. »Der Treiber der Bewegung sind Studenten aus den Universitäten und diverse Jugendbewegungen«, sagt die Sudan-Expertin. Auch wenn bei den Demonstrationen vereinzelt »Allahu Akbar«-Slogans (Gott ist groß) zu hören sind, seien die Demonstranten zwar Muslime, träten aber größtenteils für eine demokratische Öffnung des Systems ein. Islamistische Gruppierungen, die al-Baschir eine Abkehr von der reinen islamischen Lehre vorwerfen und ein noch islamischeres System wünschen, seien in der Minderheit. Al-Baschirs Macht sieht Weber nicht akut gefährdet: »Die Sicherheitskräfte stehen nahezu uneingeschränkt hinter ihm und im Unterschied zu Ägypten unter Mubarak entfallen islamistische Kräfte als starker Gegenpol, da in Khartum eine islamistische Variante bereits an der Macht ist.« Ein Alarmzeichen sei allerdings der Ausgangspunkt der Proteste: »In Gezira siedelt die politische Elite des Landes.«

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