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Teures Kokolores
Heute: Die SPD-Basis
Je älter einer wird, desto wunderlicher, eigenbrötlerischer sein Verhalten, und keine Partei mümmelt länger am versteinerten Eigenbrot herum als die SPD. Der unfassbar teure Kokolores der Mitgliederbefragung (allein die Schnellschlitzmaschinen zum Öffnen der Umschläge kosteten eine laue Million), dieses sinnlose Ritual gelenkter innerer Demokratie ist die letzte kuriose Geste eines halbdementen Polit-Opas, der seine Erben beim Fünf-Gänge-Menü aushorcht, ob auch alle damit einverstanden sind, wenn er seinen Nachlass demnächst im Spielcasino durchbringt. Diese Partei, die von einem Godesberg ins nächste stürzt, die den Kompromiss von heute mit dem Kompromiss von morgen verteidigt und bei vollem Bewusstsein einen Trottel wie Steinbrück ins Rennen schickt, damit Merkel keine Angst haben muss und weichen Herzens in die Koalitionsverhandlungen geht; diese Partei ist kein »Tanker«, wie’s ein Sprichwort der Altmitglieder will, sondern ein Speedboot vollgekokster Yuppies, die längst die Schallmauer durchbrochen hätten - wäre da nicht noch eine ganze Hundertschaft übergewichtiger Wasserski-Senioren im Schlepptau. Das größte Problem der SPD sind nicht die Inhalte oder ihr Verhältnis zur Linken; das Problem sind die Mitglieder. Die Perfidie des SPD-Vorstands, der die jahrelang gehegten schwarz-roten Pläne auf diese geradezu hitlerische Weise akklamieren lässt, ist schwer beschreiblich: Indem man die Basis mitbestimmen lässt, führt man ihr die eigene Überflüssigkeit vor Augen. Keine Partei ist so restlos postmodern: Im Gewirr zahlloser Thinktanks, Plattformen, innerparteilicher Bündnisse und persönlicher Autoritäten ist längst nicht mehr zu erkennen, wie Positionen zustande kommen; die Prozesse dahinter sind so rätselhaft und bedrohlich wie der Google-Algorithmus. Nur die Basis braucht es bei alldem nicht. Der Parteiapparat ein geschlossener, makellos schnurrender Kreislauf; an der Spitze seit einem Jahrzehnt dasselbe Personal: Karriere kann man in dieser Partei nicht machen, Konzepte werden, wenn überhaupt, nur zum Abnicken vorgelegt. An der Basis der SPD müssen wahrhaft die dümmsten Menschen der Welt sitzen: Menschen, die es nicht merken, wenn vormalige Gegner der Großen Koalition im Interview plötzlich ganz pragmatisch vor sich hin blöken; Menschen, denen eine katholische Herzjesu-Kapitalistin wie Andrea Nahles als Parteilinke und ein schwerreicher PR-Berater wie Steinbrück als bodenständiger Schildbürger verkauft werden kann. Nur: In dieser Dummheit liegt Gefahr, sie ist unberechenbar. Die SPD wäre daher gut beraten, demnächst die Basis per Vorstandsbeschluss abzuschaffen. Die braucht wirklich niemand.
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