YAAM bleibt Cityberliner

Abgeordnetenhaus sprach sich für Spreegrundstücksvergabe an Jugend- und Musikclub aus

  • Tim Zülch
  • Lesedauer: 4 Min.
Der beliebte und über Berlins Grenzen hinaus bekannte Musik- und Jugendclub YAAM am Ostbahnhof muss zwar umziehen, bleibt aber der Spree und Friedrichshain-Kreuzberg erhalten.

Was seit Mitte des Jahres diskutiert wurde, ist nun beschlossene Sache: Der Jugend- und Musikclub YAAM verlässt sein angestammtes Gelände an der Spree und zieht wenige Meter weiter auf das Gelände des jetzigen Clubs Magdalena an der Schillingbrücke. Dieser Club wiederum wird das Gelände räumen und muss sich auf die Suche nach einem Ersatzobjekt begeben.

Nach langem Tauziehen fiel die Entscheidung gestern im Unterausschuss Vermögensverwaltung des Abgeordnetenhauses von Berlin. Die Abstimmung sei einstimmig verlaufen, berichtet der Abgeordnete Heiko Herberg (Piraten) gegenüber »nd«. Er ist Mitglied im Ausschuss. »Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat die Zusage gemacht, die Kosten für Sanierungsarbeiten auf dem Gelände zu tragen. Damit war der Weg frei für eine Einigung.« Hintergrund ist, dass die alten Spundwände am Spreeufer sanierungsbedürftig sind. Man rechnet mit einer sechstelligen Summe für eine Sanierung. Jetzt kam dem Bezirk wohl noch der Investor Wilhelm Hilpert, Eigentümer des momentanen YAAM-Grundstücks, zur Hilfe und sagte zu, sich an eventuellen Sanierungskosten zu beteiligen. Für ihn ist die Einigung ein Glücksfall, kann er doch endlich auf dem jetzigen Yaam-Gelände seine Bauträume verwirklichen. Der Investor plant eine deutlich mehr auf Wohnen ausgerichtete Variante, als dies der vorherige spanische Eigentümer tat.

Der Bezirksstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Hans Panhoff, freut sich, dass die Entscheidung so getroffen wurde. Er sagte: »Dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist es gelungen, ein über die Grenzen der Stadt hinaus bekanntes kulturelles und sportliches Angebot zu erhalten.« Damit sei der Wunsch, gewachsene kulturelle Strukturen zu fördern und gleichzeitig lokal tätige Unternehmen zu unterstützen, in die Tat umgesetzt worden. Außerdem habe der Bezirk durch die Rückübertragung des Geländes einen weiteren Schritt zur Sicherung des Spreewegs für die Öffentlichkeit getan, wie bereits durch den Kauf anderer Grundstücke.

Da der Vertrag des YAAM Ende Januar 2014 ausläuft, ist nun Eile geboten. Zwar wird es etwas dauern, bis die Verträge zwischen Senat und Bezirk und dann der Vertrag zwischen Bezirk und YAAM ausgearbeitet sind, doch dass der Umzug im Frühjahr 2014 stattfinden muss, ist allen Beteiligten klar. Jan Lerch, Vorstand des YAAM, sagte: »Die Politik hat gut gearbeitet und am Ende ihr Wort gehalten, nun werden wir auch unser Wort halten.« Dass der Umzug allerdings nicht am 31. Januar abgeschlossen sein wird, vermutet auch er: »Das Gelände an der Schillingbrücke ist nicht einfach so für uns nutzbar. Das ist teilweise feucht. Wir müssen uns das jetzt erst einmal zusammen mit Architekten angucken und dann entscheiden.« Das Problem der Spundwände sieht er hingegen nicht so dramatisch, wie oft behauptet. Die fünf Millionen Euro, die eine Sanierung nach Presseberichten kosten soll, hält er für unwahrscheinlich. »Ich gehe eher von zwei Millionen Euro aus und auch da ist nicht sicher, wann die Sanierung nötig ist. Das kann auch noch ein paar Jahre dauern.«

Der Technoclub Magdalena muss sich nun auf die Suche nach einem Ausweichgelände begeben. »Wir sind natürlich heute nicht gerade fröhlich, aber die Entscheidung war ja schon länger abzusehen«, sagt Clubbetreiber Marco Archidiacono. Seit einigen Monaten ist der Club in Verhandlungen mit der Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (Behala) über ein Ausweichgelände. Wo sich dieses befindet, will er allerdings noch nicht sagen. Ein Problem sei, dass die Behala nicht vermieten, sondern nur verkaufen wolle. »Die sagen quasi kauf oder stirb!«, so Archidiacono. Ein anderes Gelände habe er nicht in Aussicht, und die Entscheidung über einen Verkauf könne erst bei einer Behala-Sitzung im Frühjahr 2014 getroffen werden. Immerhin habe ihm das YAAM bereits angeboten, länger als bis Anfang Februar auf dem Gelände zu bleiben. »Wir fordern nun von der Politik die gleiche Unterstützung, die das YAAM auch bekommen hat«, sagt Archidiacono. Immerhin stünden hundert Arbeitsplätze auf dem Spiel.

Auf die weitere Unterstützung vom YAAM kann er bereits jetzt bauen. Jan Lerch: »Wir sind total unterschiedlich, aber solche Einrichtungen sind auch über Deutschland hinaus wichtig. Das YAAM ist der Beleg dafür, dass nicht nur geredet wird, sondern auch Entscheidungen getroffen werden. Das muss jetzt weitergehen.«

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