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Grüne werfen Linke Anbiederung an Große Koalition vor

Gysi: Wir sind als stärkste Oppositionskraft zusätzlich motiviert / Laschet: Schwarz-Rot macht weiter wie Schwarz-Gelb

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anton Hofreiter, hat der Linken im Bundestag vorgeworfen, sich bei der Großen Koalition anzubiedern. »In dem Bedürfnis, von Union und SPD als ernst zu nehmende Kraft anerkannt zu werden, gehen die Linken viel zu schnell auf die schwachen Angebote der großen Koalition ein«, sagte Hofreiter der »Saarbrücker Zeitung«. Hintergrund der Kritik ist die Offerte von Schwarz-Rot, den beiden kleinen Parteien in Bundestagsdebatten künftig einige Minuten mehr Redezeit zuzugestehen.

Die Linksfraktion hatte positiv auf das Angebot reagiert. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, Petra Sitte, sagte, »isgesamt waren diese Regelungen, wie man sich denken kann, kein Geschenk der zukünftigen Koalitionsfraktionen, sondern mussten erstritten werden«. Den Grünen geht es nicht weit genug. »Offenkundig will die Linke die nettere Opposition sein«, sagte Hofreiter. Die Grünen kämpften jedoch für eine starke parlamentarische Demokratie. »Da lassen wir uns nicht abspeisen«, meinte Hofreiter.

Linksfraktionvize Klaus Ernst reagierte auf die Kritik mit den Worten: »Wenn Grüne mal den Mut haben, geschlossen gegen Kriegseinsatz oder Bankenrettungspaket zu stimmen« könne man über »wahre Opposition« reden. Der Linkenpolitiker Gregor Gysi erklärte, seine Fraktion sei als stärkste Oppositionskraft »zusätzlich motiviert, diese Bundesregierung wegen Untätigkeit, Unterlassungssünden und fatalen Fehlentwicklungen anzugreifen und zu zeigen, dass es Alternativen dazu gibt«. Er kritisierte vor allem die SPD, »die sich von dem von ihr vor den Wahlen versprochenen Politikwechsel meilenweit entfernt hat«.

Die Union habe sich, versuchte Gysi dem allgemeinen Trend der Berichterstattung entgegenzuhalten, bei der Steuerpolitik und in Sachen Bürgerversicherung »ebenso komplett durchgesetzt wie bei der Euro-Bankenrettungspolitik«. Nach Ansicht des Linkenpolitikers setze die Große Koalition »auch hinsichtlich der Bedienung von Konzern- und Industrieinteressen« die schwarz-gelbe Tradition fort.

Ähnlich äußerte sich der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet. Er sehe im Wechsel von Schwarz-Gelb zur Großen Koalition keine maßgebliche Veränderung der Regierungspolitik. »Vieles, was wir mit der FDP begonnen haben, wird jetzt fortgesetzt. Es gibt keinen Politikwechsel, sondern viel Kontinuität«, sagte Laschet der »Welt«. Er wisse auch nicht, woher die Jubelstimmung der SPD komme: »Der Koalitionsvertrag kann nicht der Grund sein.« Die geplante abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren bezeichnete Laschet als den einzigen Punkt im Koalitionsvertrag, »bei dem man überhaupt vermuten könnte, dass wir uns auf SPD-Wünsche zubewegt haben. Alles andere hätten wir auch mit der FDP so geregelt.« Der nordrhein-westfälische CDU-Chef räumte allerdings ein, dass die Energiewende »nur in einer großen Koalition« gelinge.

Fast drei Monate nach dem Sieg bei der Bundestagswahl soll Angela Merkel am Dienstagmorgen erneut zur Kanzlerin gewählt werden. Im Bundestag stellt sich die 59-jährige CDU-Vorsitzende der Abstimmung, nachdem Union und SPD am Montag den Vertrag über die große Koalition unterzeichnet hatten. Merkel benötigt im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der 631 Abgeordneten. Dies gilt angesichts des großen Vorsprungs ihrer Koalition vor den beiden Oppositionsparteien Linke und Grüne als sicher.

Nach 2005 und 2009 ist es Merkels dritte Wahl zur Kanzlerin. Nach der Vereidigung erhält sie von Bundespräsident Joachim Gauck die Ernennungsurkunde. Anschließend werden auch die Minister der neuen schwarz-roten Bundesregierung vereidigt. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wird Vizekanzler und Minister für Wirtschaft und Energie.
Für 17 Uhr ist die erste Sitzung des neuen Kabinetts angesetzt. Wahrscheinlich wird dort die Nachfolge des Datenschutzbeauftragten Peter Schaar geregelt. Im Gespräch für das Amt ist die Brandenburger Rechtspolitikerin Andrea Voßhoff (CDU).

Unklar ist noch die Besetzung der Funktion des Behindertenbeauftragten: Nach Informationen der Zeitung »Die Welt« wird der CDU-Politiker Hubert Hüppe dafür in der schwarz-roten Regierung nicht mehr berufen. Wie das Blatt schreibt, geht dieser Posten wie schon das Amt der Integrationsbeauftragten von der CDU an die SPD. Wer neuer Behindertenbeauftragter wird, ist laut »Welt« aber noch nicht entschieden. dpa/nd

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