Der Geruch der Armut

Viele Griechen können krisenbedingt nur noch mit Holz heizen

In griechischen Städten herrscht wegen der gestiegenen Nutzung von Holzöfen Smogalarm. Da die öffentliche Gesundheit gefährdet ist, reagiert nun die Regierung.

Wer derzeit in einer griechischen Stadt unterwegs ist, kann die Armut förmlich riechen und sehen. Ein beißender Geruch nach verbranntem Holz liegt in der Luft. Und der Smog in Athen sowie anderen urbanen Zentren hat ein derart gefährliches Niveau erreicht, dass Gesundheitsminister Adonis Georgiades am Wochenende an Ältere und Asthmatiker appellierte, ihre physischen Aktivitäten zu begrenzen bzw. ihre Inhalatoren häufiger zu benutzen.

Die Ursache liegt in der Antikrisenpolitik der Regierung. Um Staatseinnahmen zu erhöhen, wurden in den letzten Jahren die Heizöl- und die Mehrwertsteuer mehrmals erhöht. Für einen Liter Heizöl müssen Griechen mittlerweile gut 1,30 Euro berappen - in Deutschland sind es rund 80 Cent. Da gleichzeitig die Einkommen vieler Haushalte in der Krise dramatisch gesunken sind, reicht das Geld nicht dafür, die Ölheizung in Betrieb zu halten. Sehr viele Griechen heizen derzeit - bei Temperaturen etwa wie in Deutschland - entweder gar nicht oder verbrennen Holz, das nicht selten illegal in den ohnehin kargen Wäldern des Landes geschlagen wurde. Meist handelt es sich um Brennstoffe minderer Qualität oder mit hohem Harzanteil. Und Feinstaub- oder Rußfilter sind in den häufig erst wieder instand gesetzten Uraltöfen oder Kaminen Fehlanzeige. Messungen des Umweltministeriums in den vergangenen Wochen ergaben etwa im Norden Athens mehrfach eine bis zu 200-prozentige Überschreitung des zulässigen Feinstaubgrenzwertes. Daraufhin appellierte die Regierung an die Bürger, den Gebrauch solcher Feuerstellen zu reduzieren - was völlig wirklichkeitsfremd ist. Auch Drohungen, das Verbrennen von Holz zu verbieten, zeigten keine Wirkung.

Dieses Heizen ist nicht nur für Risikogruppen gefährlich, sondern auch für die Nutzer selbst. Vor wenigen Wochen starb im Athener Vorort Aspropyrgos eine 86-Jährige an Kohlenmonoxidvergiftung - sie hatte in einem behelfsmäßigen Ofen Holz verbrannt. In Thessaloniki traf ein 13-jähriges Mädchen serbischer Herkunft das gleiche Schicksal. Die Wohnung der Familie verfügte über keine andere Heizung, außerdem war wegen unbezahlter Rechnungen der Strom abgestellt. Als Reaktion auf diese Vorfälle wandten sich die Bürgermeister mehrerer Stadtteile von Athen und Thessaloniki in einem Schreiben an die Zentralregierung. Darin baten sie diese darum, es den lokalen Behörden zu erlauben, die Energieschulden armer Familien zu begleichen, damit diese wieder ans Stromnetz angeschlossen werden können. Die Genehmigung erfolgte prompt, aber nur für bestimmte Härtefälle.

Um das Heizproblem in den Griff zu bekommen, hat die Regierung am Montag eine Verordnung in Kraft gesetzt: Sobald erhöhte Werte von Staubpartikeln in der Luft gemessen werden, soll der Strom für Arbeitslose und notleidende Familien am betreffenden und dem darauffolgenden Tag kostenlos sein. Dadurch könnten Elektroheizungen genutzt werden - so sie denn vorhanden sind.

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