Russland rüstet sich mit neuen Raketen
Generationswechsel in den ballistischen Silos und »Iskander« sind Antworten auf globales Abwehrsystem der NATO
Präsentiert wurde die Ankündigung der Modernisierung des russischen Raketenarsenals in den Silos von Präsident Wladimir Putin mitten in der Weihnachtszeit als »Neujahrsnachricht«. Von Mitgliedern der Regierung verabschiedete er sich für das Jahr 2013 damit, dass begonnen werde, einer neue Generation von Raketen in Dienst zu stellen.
Bereits früher hatte der Präsident unter Hinweis auf neue russische strategische Waffen festgestellt, dass sie Abwehrschilde durchbrechen müssten. Mit der militärischen verband sich zugleich die politische Zielansprache. Der Kreml und das gerade mal anderthalb Kilometer entfernte Verteidigungsministerium sind sich völlig einig, dass der Aufbau eines globalen Raketenschildes eine Bedrohung Russlands und seines Kernwaffenpotenzials darstellt.
An dieser Abwehr halten insbesondere die USA fest. Das System wird schrittweise an Stützpunkten in Tschechien, Polen und Rumänien aufgebaut. Die Versicherung, es stelle für Russland keine Gefahr dar und solle vor Angriffen durch Iran schützen, zog in Moskau noch nie. Russland machte diplomatisch Front und sieht nach dem jüngsten Kompromiss mit Teheran eine solche Raketenabwehr in Europa als überflüssig an.
Zuvor hatte bereits die mögliche Stationierung von Raketensystemen des Typs »Iskander« in der russischen Exklave Kaliningrad an der Ostsee für einige europäische Aufregung gesorgt. Das sei aber noch nicht beschlossen, wiegelte Russlands Staatschef bei seiner Pressekonferenz zum Jahresende ab. »Sie sollen sich wieder beruhigen.« Angesprochen waren westliche Politiker und Medien wie die »Bild«-Zeitung.
Die liberale finnische Tageszeitung »Keskisuomalainen« entdeckte durchaus »politisches Kalkül« darin, dass eine an sich alte Nachricht gerade jetzt wieder breitgetreten werde. Heftig sei Moskau dafür kritisiert worden, Druck auf die Ukraine auszuüben. »Aber das Ausgraben von eineinhalb Jahre alten Nachrichten zeigt, dass der Westen es ebenfalls beherrscht, behutsamen Druck auszuüben. Wenn es den eigenen politischen Zwecken dient, schürt er in der Bevölkerung die Angst vor Russland.«
Der Hinweis hat durchaus Berechtigung, denn bereits im November 2008 teilte Russlands damaliger Präsident Dmitri Medwedjew mit, dass als Antwort auf einen Raketenschild Kurzstreckenraketen vom Typ »Iskander« in Kaliningrad stationiert würden, die die angrenzenden NATO-Mitgliedsstaaten erreichen können. Nach langen fruchtlosen Verhandlungen über eine gemeinsame Raketenabwehr stellte er später auch eine Modernisierung der Atomraketen und den Ausstieg aus Abrüstungsverträgen in Aussicht.
»Russland hat alles, um auf die Aufstellung der europäischen Raketenabwehr zu antworten«, erläuterte Verteidigungsminister Sergej Schoigu vor Moskauer Studenten politische Strategie und militärische Taktik. Das Land stelle seine Raketen einfach dort auf, wo es dies für nötig halte. »Iskander« gilt als eine hochpräzise Boden-Boden-Rakete, die bis zu 500 Kilometer entfernte Ziele bekämpfen kann.
»Iskander« stehe bei Raketentruppen und Artillerie im Militärbezirk West bereits im Dienst, bestätigte General Igor Konaschenkow, Chef des Presseamtes des Verteidigungsministeriums. »Die konkreten Stationierungsorte widersprechen internationalen Vereinbarungen nicht.« Nach Angaben der »Rossiskaja Gasjeta« werden zur Modernisierung der Streitkräfte bis 2020 alle Raketenbrigaden der Bodenstreitkräfte mit neuen »Iskander«-Raketen versorgt.
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