Der Koloss und der Natursteinmann
Die Sanierung des Leipziger Völkerschlachtdenkmals ist fast beendet - jetzt geht es noch um Tor und Wasserbecken
Klaus-Michael Rohrwacher wuchs praktisch am und im Leipziger Völkerschlachtdenkmal auf. Denn Großvater wie Vater waren Steinbildhauer. Der eine wirkte an den gewaltigen Figuren in der Krypta des 1913 eröffneten Monumentalbaus mit, der andere an der Restaurierung in den 1960er Jahren. Klaus-Michael Rohrwacher blieb diesem Metier nicht nur treu, auch der 93 Meter hohe Koloss blieb stets präsent in seinem Hinterkopf. »Vor allem seit mit der Wende erneut Bestrebungen aufkamen, ihn erneut zeitgemäß zu sanieren«, erzählt der 60-Jährige. Als dann 1998 ein Förderverein entstand, zog man Rohrwacher bald als Fachmann hinzu. Hatte er sich da doch bereits intensiv mit Fragen der Reinigung und Fugensanierung an der Granithaut des Völkerschlachtdenkmals beschäftigt.
Fünf Jahre später starteten die Arbeiten. Sachsen gewährte hierzu einen Zuschuss von 7,5 Millionen Euro, doch ein erheblicher Teil der Gelder sollte - wie schon hundert Jahre zuvor - aus Spenden kommen. Das war nun Sache des Fördervereins, der jedoch zunächst einen neuen Chef brauchte, da der bisherige eine andere Aufgabe übernahm. »Da stand es plötzlich für die meisten außer Frage, dass ich als Natursteinmann und auch angesichts meiner familiären Tradition die Nachfolge übernehme«, erinnert sich Rohrwacher, der in Leipzig einen Steinmetzbetrieb führt. Letzteres habe ihn aber auch in schwere Interessenkonflikte gebracht: Sollte er sich dann etwa selbst die Aufträge zuschieben?
Dieses Problem sah man auch beim Kuratorium des Fördervereins, er musste sich entscheiden. Und er entschied sich: gegen das Geld, quasi für die Ehre. Auch wenn ihm das »anfangs sehr schwer gefallen« sei, wie er einräumt. Dennoch habe es ihn »unheimlich gereizt, auf diese Weise nun die Arbeit früherer Rohrwacher-Generationen weiterzuführen«. Mithin zog er sofort einen »klaren Strich«.
Fraglos sprach für ihn auch, dass er politisch wie wirtschaftlich unabhängig ist, wirklich neutral agieren kann. Sein Betrieb hatte dank Familie und Mitarbeiterteam nie größere Untiefen zu umschiffen. Denn fortan war Rohrwacher 20 und mehr Stunden die Woche mit Lobbyarbeit und Geldbeschaffung beschäftigt. »Das ist fast eine zweite Firma. Immerhin haben wir eine Geschäftsstelle mit drei Mitarbeitern, die gemanagt sein will. Ich bin dafür haftbar«, so der Sachse mit dem Hang, jedermann sofort zu duzen.
Während andere Großprojekte immer wieder für Schlagzeilen sorgten, ging die Sanierung des Völkerschlachtdenkmals lautlos über die Bühne: keine Skandale, keine Veruntreuungen, keinerlei Baukostenerhöhungen. Die regionale Presse nimmt den stets freundlichen Steinmetz, der nach außen längst das Gesicht des 265-köpfigen Vereins bildet, als einen der populärsten Personen Leipzigs wahr. Oft zeigt sie ihn mit Ministern oder dem Rathauschef. Und immerhin steuerte der Verein schon gut 1,7 Millionen Euro zur Restaurierung bei - ein Fünftel der bisher benötigten Summe.
Das Memorial konnte inzwischen umfassend gereinigt, etappenweise saniert, teils umgebaut werden. Rohrwacher führt diese »Erfolgsgeschichte« auch darauf zurück, dass sie mit dem Völkerschlachtdenkmal »ja auch auf etwas Vorzeigbares weisen können: ein populäres Objekt, das 2003 bildlich gesehen schwarz war und jetzt strahlend hell glänzt«.
Häufig muss sich der Handwerker, der - wie er betont - für sein ehrenamtliches Tun noch nie eine Rechnung schrieb, mit potenten Zeitgenossen treffen: Banker, Chefs großer Brauereien, betuchte Mäzene, die von vielen Seiten umworben werben. Ein harter Job? »Da wächst man rein«, sagt er. Bescheiden sollte man hierfür sein und zugleich beharrlich. Denn die Netzwerke, die er zu knüpfen hatte, müsse man sich schon »hart erarbeiten - mit seiner Person, seiner Reputation«. Auch Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) lobte unlängst in großer Runde: Rohrwacher sei halt einer, der, wenn man ihn vorn zur Tür rauswerfe, hinten wieder reinkäme und dann noch immer entwaffnend freundlich sein Anliegen vortrage.
Inzwischen ist das Völkerschlachtdenkmal zu 99 Prozent fertig. Doch auch die Restarbeiten bis zu Leipzigs Tausendjahrfeier 2015 - so etwa an der Toranlage und dem Wasserbecken davor - kosten noch einmal viel Geld. »Davon wollen wir als Förderverein rund eine Million beisteuern«, sagt Klaus-Michael Rohrwacher hoffnungsvoll.
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