Einzigartig in der entwicklungspolitischen Landschaft

Die Stiftung Nord-Süd-Brücken feiert ihr zwanzigjähriges Jubiläum

Seit 20 Jahren unterstützt die Stiftung Nord-Süd-Brücken entwicklungspolitische Auslands- und Inlandsprojekte von Vereinen in Ostdeutschland.

Nicht vieles anders, aber alles noch besser zu machen, ist der hohe Anspruch, den sich die Stiftung nach erfolgreichen ersten 20 Jahren für die Zukunft setzt. Darauf können sich die Finanzreferentin Ingrid Rosenburg und der Geschäftsführer Walter Hättig im Gespräch mit »nd« problemlos verständigen. Sage und schreibe 2500 entwicklungspolitische Auslands- und Inlandsprojekte von 400 Vereinen in Ostdeutschland hat die Stiftung seit 1994 mit 16 Millionen Euro gefördert - aus einem Stiftungskapital von 17 Millionen Euro. Gewissermaßen wurde das Stiftungskapital inzwischen einmal fast komplett ausgegeben. Es ist aber immer noch zu 100 Prozent da, denn die Förderungen werden aus den Kapitalerträgen des Stiftungskapitals und aus Drittmitteln unter anderem vom Entwicklungsministerium BMZ geleistet.

Vor Schwankungen ist freilich auch das Stiftungsvermögen nicht gefeit, erklärt Rosenburg, die seit 1996 dabei ist: »Die Finanzkrisen 2001/2002 nach dem Kursverfall am Neuen Markt, aber auch die nach 2008 machten uns zu schaffen, obwohl wir vor allem in festverzinslichen Wertpapieren anlegen und nachhaltige und ethische Kapitalanlagen bevorzugen. Seit 2011 orientiert sich die Stiftung hierbei an den Anlagerichtlinien der kritischen Aktionäre. Trotzdem schwankte das Stiftungsvermögen wegen seiner Aktienanteile zeitweilig um bis zu zehn Prozent. Auch die jetzige Niedrigzinsphase macht eine sichere und ethisch vertretbare Anlage nicht eben einfacher.« »Der nominale Substanzerhalt nach 20 Jahren ist so gesehen auf alle Fälle ein Erfolg«, pflichtet Hättig bei. Und dies bei absoluter Transparenz: »Wir veröffentlichen, wer gefördert wird und wie hoch die Förderung ist, wir veröffentlichen unsere Vermögensanlage, unsere Anlagekriterien und schreiben auch noch, wo wir unsere Kriterien nicht einhalten«, betont Hättig eine Praxis, die nicht alltäglich ist.

Die Stiftung verdankt ihre Mittel der Solidarität von Bürgerinnen und Bürgern der DDR. Im Rahmen des Entwicklungspolitischen Runden Tisches diskutierten ab 1990 Menschen aus der DDR-Solidaritätsarbeit, Politikerinnen und Politiker, Engagierte aus kirchlichen und wissenschaftlichen Kreisen, wie das Erbe der DDR-Spendengelder für solidarische Zwecke genützt werden, könnte statt wie von Finanzminister Theo Waigel (CSU) geplant, in den Fonds Neue Bundesländer zu fließen.

Die Grundforderung vom Entwicklungspolitischen Runden Tisch, dass die Vereinigung der beiden deutschen Staaten nicht zu Lasten der Menschen in der sogenannten Dritten Welt gehen dürfe, mündete schließlich nach langen Kämpfen über den Zugriff auf die Solidaritätsgelder 1994 in die Stiftung Nord-Süd-Brücken. Diese stand von Anbeginn auf zwei Säulen: Auslands- und Inlandsarbeit. Bei ersterer geht es um die Förderung partnerschaftlicher und solidarischer Entwicklungszusammenarbeit über Projekte im Globalen Süden, wie die sogenannte Dritte Welt inzwischen bezeichnet wird. Bei zweiterer geht es vor allem darum, das Bewusstsein der Inländer zu »entwickeln« und sie für ihre »Verantwortung für Überlebens- und Solidargemeinschaften von Nord und Süd« zu sensibilisieren. Vereine, die solche Projekte im In- und Ausland durchführen, haben gute Chancen auf Förderung.

Die Satzung der Stiftung schreibt vor, dass nur Vereine aus den Ostbundesländern gefördert werden können. »Wir versuchen, alle Projekte zu fördern, die wir für entwicklungspolitisch sinnvoll halten. Angesichts der begrenzten Mittel heißt das in der Praxis zuweilen, dass die Anträge nicht in voller Höhe bewilligt werden«, schildert Hättig die Vergabepraxis. Vor allem was die Inlandsarbeit betrifft, sei die Nachfrage nach Mitteln höher als die zur Verfügung stehenden. Eine Konkurrenz um Finanzmittel zwischen Inlands- und Auslandsarbeit gebe es aber nicht, da es sich um unterschiedliche Töpfe handelt, erklärt Hättig, der 2007 die Nachfolge von Kathrin Buhl antrat.

Auch wenn es keine Mittelkonkurrenz gibt, haben sich die Gewichte im Verlauf zwischen Auslands- und Inlandsarbeit doch kräftig verschoben. »Bis 1999 war der Anteil der Auslandsarbeit höher, ab 1999/2000 überwiegt die Inlandsarbeit. Das hat damit zu tun, dass ab 1999 die aufs Inland beschränkte Personalkostenförderung hinzugekommen ist, in die auch Mittel vom Entwicklungsministerium fließen«, beschreibt Rosenburg die Entwicklung der Anfangsjahre und fügt hinzu: »Es gab auch Druck von den ostdeutschen Vereinen, mehr Geld in die Inlandsarbeit zu stecken statt in große Auslandsprojekte.« In den Anfangsjahren waren dort Projektumfänge von bis zu 60 000 DM durchaus üblich. Schwerpunkte der Auslandsarbeit sind bis heute Südländer wie Nicaragua, Mosambik, Angola, Vietnam und Tansania, zu denen schon zu DDR-Zeiten gute Kontakte bestanden, aber auch Länder wie Uganda und Togo gehören inzwischen zum Kreis. Zu Kuba wurden indes seit ein paar Jahren keine Anträge mehr eingereicht.

Inzwischen bewegen sich die Fördersummen eher so um die 10 000 Euro. »Das liegt auch daran, dass es sich um kleine ehrenamtlich arbeitende Nichtregierungsorganisationen handelt, die nur ein bis zwei Partnerprojekte unterstützen können«, erläutert Hättig. Auch deswegen wurde 2007 in Zusammenarbeit mit dem BMZ ein Kleinprojektefonds eingerichtet. Und um bei Kleinprojekten sich die erforderlichen Erfahrungen und Kenntnisse anzueignen, um dann in einem nächsten Schritt auch größere Projekte beim BMZ zu beantragen. Wer Geld vergibt, ohne es zurückzufordern, möchte gerne wissen, was daraus wird. Deswegen wird immer wieder evaluiert und die Berichte darüber auf der Webseite veröffentlicht. Zuletzt wurden 2009 in Tansania drei Kleinprojekte, die aus dem Fonds gefördert wurden und auch Projekte in Indonesien unter die Lupe genommen. Als zweite Ebene wurden die Inlandswirkungen des Kleinprojektefonds begutachtet. Beide Evaluierungen kamen zu einem insgesamt positiven Urteil und so hatte auch das BMZ gegen eine Weiterführung des Fonds nichts einzuwenden.

Wirkung nicht nur einzufordern, sondern dabei zu helfen, sie zu erreichen, ist ein weiteres Anliegen der Stiftung. Deswegen, so Hättig, sei zusammen mit dem Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag die Broschüre »Wirkt so. Handreichung zur Wirkungsorientierung und Antragstellung in der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit.« herausgegeben worden. Welche Projektanträge bewilligt werden, entscheidet der fünfköpfige, für drei Jahre vom Stiftungsrat gewählte Vorstand, in dem zwei NRO-Vertreter, zwei Experten aus dem Entwicklungsbereich und ein staatlicher Vertreter sitzt. Derzeit führt Eberhard Bauer, ehemaliger Geschäftsführer der Stiftung den Vorsitz.

Für 2014 hat die Stiftung beschlossen, anlässlich des Jubiläums kein aufwendiges Fest zu feiern, sondern dezentral 20 Projekte zu unterstützen, die exemplarisch die Arbeit der entwicklungspolitischen Zivilgesellschaft in Ostdeutschland sichtbar machen und der Frage nachgehen: Wen und was bewegt heutzutage noch Solidarität? Eine Frage, deren Aktualität seit 20 Jahren nichts an Bedeutung eingebüßt hat. Das gilt auch für die Stiftung und ihr Wirken: Es ist einzigartig in der entwicklungspolitischen Landschaft.

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