LINKE vollzieht regionalen Schulterschluss
Auf Landesparteitag fordern die Sozialisten mit Blick auf Europa eine bessere Politik für Berlin und Brandenburg
Die Linkspartei in Brandenburg und Berlin rücken enger zusammen. »Wir sind als LINKE die einzige Partei in der Region, die nicht gegeneinander kämpft«, sagt der Landesvorsitzende der Berliner Sozialisten, Klaus Lederer. Am heutigen Sonnabend kommen die Delegierten der LINKEN in Lichtenberg zusammen, um sich auf ihrem Landesparteitag zu »Europa und Berlin in der Region« zu positionieren. Da dürfen die Brandenburger Genossen natürlich nicht fehlen. Auf dem Landesparteitag wird deshalb unter anderem der Wirtschaftsminister des Nachbarbundeslandes, Ralf Christoffers, erwartet.
Bei der Pressekonferenz im Vorfeld der Tagung am Freitag im Karl-Liebknecht-Haus war auch der Brandenburger Landesvorsitzende und Finanzminister Christian Görke mit dabei. Er sagt: »Die politischen Beziehungen zwischen beiden Bundesländern waren noch nie so schlecht.« Der »Stillstand« müsse aufgelöst werden. Denn die Stadt sei viel enger mit dem Umland verwoben. »Die Berliner Politik muss endlich diesen Stadtblick abstreifen und die Metropolenregion zur Kenntnis nehmen«, sagt Görke. Als Beispiel nennt er die Bildung einen gemeinsamen »Energieverbund 2030« - Brandenburg könnte ohne Probleme die Hauptstadt mit Energie versorgen, doch die Hürden für die Einspeisung und Durchleitung durch die Netze sind zu hoch.
Auch wenn die Berliner Linkspartei inzwischen in der Opposition sitzt, will sie im Kleinen vormachen, wie man mit den Nachbarn zusammenarbeiten könnte - auch mit Verweis auf die während der Periode der rot-roten Parallelregierungen zwischen 2009 bis 2011 angestoßenen Projekte. Ganz anders, als es der rot-schwarze Senat derzeit macht, von dem die LINKE den Eindruck hat, dass er vor allem mit sich selber kämpft. »Es gibt einen Rückfall in die 90er Jahre, es liegt Mehltau über der Stadt«, sagt Lederer. In ihrem Leitantrag zum Parteitag wollen die Sozialisten deshalb ihre Vorstellungen von der Metropolenregion beschließen: »Berlin muss noch mehr als heute eine Stadt der Produktion sozialer, demokratischer und ökologischer Innovation werden.« Neben der Energiekooperation geht es darin zudem um eine engere verkehrliche Anbindung des Speckgürtels und eine gemeinsame Schul- und Wissenschaftsentwicklung. An der Berliner Basis löst der Leitantrag allerdings keine große Begeisterung aus. »Er ist nicht besonders spannend, nicht besonders aufregend, aber tut auch niemanden weh«, bringt einer die Stimmung auf den Punkt. Große Kritik wird es dazu nicht geben.
Neben dem regionalen Fokus geht es auf dem Parteitag aber auch um den laufenden Europa-Wahlkampf. Wenn die Linkspartei im Bund über sieben Prozent bekommt, wird Martina Michels von den Berliner LINKEN erneut ins Europaparlament einziehen. In Berlin selbst will die Partei die 14,7 Prozent von der letzten Wahl 2009 verbessern. Ganz genau festlegen will sich Klaus Lederer nicht, die aktuellen Umfragen stimmen ihn allerdings zuversichtlich, das Ziel zu erreichen. Für die Europa-Abgeordnete Martina Michels ist es derweil ein »Skandal«, dass der Senat die Fördermittel aus den Töpfen der EU nicht vollständig abruft. Das wirke sich auch auf die Projekte in Berlin aus, die von diesen Mitteln abhängig sind, sagt Michels. »Dieser Senat hat so wenig Mittel aus den Struktur- und Fördermittel aus Europa ausgegeben wie seit 2008 nicht mehr.« Das will die LINKE ändern. Besonders kritisiert die Partei die Verwaltung von Senatorin Dilek Kolat (SPD), wo nach Michels Berechnung »jeder zweite Euro aus Euro aus Europa« für die Arbeitsmarktförderung liegengeblieben sei.
Wie eng die Ebenen Europa, Bund und Berlin zusammenhängen, zeigt sich derzeit insbesondere auf dem Oranienplatz in Kreuzberg, wo Flüchtlinge seit Monaten protestieren, um Verbesserungen ihrer Lebensumstände zu erreichen. Für die Flüchtlinge muss der Senat auch im Bund und Europa stärker die Stimme erheben, sagt Michels. »Europa ist nicht weit weg, sondern hat viele lokale Ansatzpunkte.«
Eine durch und durch Berliner Diskussion ist der Volksentscheid zur Zukunft des Tempelhofer Feldes. Nachdem die Linkspartei bisher auf ein Moratorium pochte, um die Entwicklung des Ex-Flughafens auszudiskutieren, bezieht sie nun klar Position für die Initiative »100 Prozent Tempelhofer Feld«. Den Gesetzentwurf des Abgeordnetenhauses, der mit der Mehrheit von SPD und CDU beschlossen wurde, lehnen die Sozialisten dagegen ab. Diese Linie soll der Landesparteitag mit dem dringlichen Antrag »100 Prozent öffentlich - 100 Prozent sozial: deshalb am 25. Mai JA zum Tempelhofer Feld für alle« beschlossen werden. Auf eine kostspielige Materialschlacht zum Volksentscheid verzichtet die LINKE.
Die Wahlpositionierung hängt auch damit zusammen, dass die ursprünglichen Vorstellungen der Partei für das Tempelhofer Feld nicht zur Abstimmung stehen. Landeschef Lederer selbst hält eine »geringfügige« Bebauung von bis zu 1000 Wohnungen (Miete bis sechs Euro pro Quadratmeter) am Tempelhofer Damm für denkbar. Natürlich nur, wenn sich die Wohnungen und Grundstücke im Besitz städtischer Wohnungsgesellschaften befinden. Auch eine Zentral- und Landesbibliothek schließt der Parteichef nicht aus. Das wiederum dürften die Genossen aus Tempelhof und Neukölln anders sehen. Potenzial für ein bisschen Kontroverse ist beim Thema Tempelhofer Feld immer gegeben.
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