Kultur für alle

Akademie-Gespräch zum Öffentlich-Rechtlichen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist leicht und nicht gerade mutig, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu kritisieren. Ihn zu verteidigen, fällt schon schwerer. Dabei stimmt es. Ein aus Zwangsbeiträgen finanzierter acht Milliarden Euro Riese steht berechtigt unter dem Druck, sein Programm gegenüber den Zahlenden zu erklären. Vorschnell wird da von den Kritikern der vernebelte Rückblick bemüht, früher herrschte vor dem Fernseher eine familiäre Lagerfeuerromantik, allein weil das Öffentlich-Rechtliche vermeintliches Qualitätsfernsehen bot. Heute dagegen habe es sich von diesem Anspruch verabschiedet. Schade eigentlich, dass es zu diesen beschworenen Glanzeiten noch kein Internet als konkurrierendes und kommentierendes Medium gab.

Was besagte Qualität - sprich gutes Fernsehen - ausmacht, dazu fehlt es auch nach jahrelanger Debatte an einer mehrheitlich akzeptierten Definition. »Heute zeigt das Fernsehen einfach viel mehr gutes, schlechtes und egales«, sagte Klaus Staeck, auf dem 52. Akademie-Gespräch am Dienstag. Für den Hausherren der Präsident der Akademie der Künste in Berlin wurde es ein ungemütlicher Abend. Der Akademiepräsident wollte eigentlich über die Qualität der Öffentlichen Sendeanstalten sprechen. Darüber reden, wie sich ARD und ZDF auf das veränderte Nutzerverhalten vieler Zuschauer einstellen, die sich vom linearen Sehverhalten verabschieden und Medien stattdessen zeitversetzt Online schauen, kommentieren und oftmals selbst produzieren.

Da war es wieder. Die Beschwörung des prototypischen Jugendlichen, den der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit dem Kinderkanal spätestens verschreckt, wenn sich der Nachwuchs mit 13 oder 14 Jahren nur noch ungern über das Kindsein definiert. Den etwas Älteren werde man indes auch nicht mehr mit dem seit Jahren geplanten Jugendkanal im klassischen linearen Sinne gerecht, warf Milena Bonse, ZDF-Redakteurin des »Kleinen Fernsehspiels« selbstkritisch in die Runde. Das Publikum hatte da mehrheitlich längst resigniert und verschaffte seiner Wut Gehör, indem es in einen Oppositionskurs gegen die Öffentlichen einstimmte und sich dabei oft bekannter, teils mehr mal weniger berechtigter Kritik bediente.

Es stimmt. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk muss sich Fragen stellen, wie es mit seiner wachsenden Heerschar freier Mitarbeiter umgeht, die häufig Selbstausbeutung betreiben. Da mag es bei ARD und ZDF einige zu korrigierende Stellschrauben geben. Am eigentlichen Problem, welche Möglichkeiten unsere Gesellschaft der Kultur ermöglichen will, werden Scheindebatten über die Zahl der Polittalks nichts ändern. Wer Volksmusik- und Schlagerfeste für den Beweis an mangelnder Qualität im Öffentlich-Rechtlichen anführt, gibt zu erkennen, wie gering seine Achtung vor einem Millionenpublikum ist. Wären die Privaten nicht immer noch auf den Jugendwahn fixiert, hätten sie die zudem kaufkräftige Zielgruppe der Menschen ab 49 Jahren längst mit Helene Fischer zugeschüttet.

Wer einen Verfall und die Missachtung der Kultur beklagt, sollte nicht auf die öffentlich-rechtlichen Sender einprügeln, die am Ende nur abbilden, wie sich die Interessen und das kulturelle Verständnis hierzulande verteilen. Wer diesen Missstand ändern will, darf nicht an den Symptomen kratzen, sondern muss die Gesellschaft fragen: Was willst du? Die Antworten darauf dürften so unterschiedlich ausfallen, wie die Sehgewohnheiten der Zuschauer.

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