Mollath steht erneut vor dem Kadi

Streit um Gutachter im Wiederaufnahmeverfahren

  • Lesedauer: 2 Min.

Regensburg. Der Fall des sieben Jahre gegen seinen Willen in der Psychiatrie untergebrachten Gustl Mollath hat die bayerische Justiz in schwere Erklärungsnot gebracht. Fast ein Jahr nach seiner Freilassung begann am Montag das Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Regensburg. Zum Auftakt beantragte der Nürnberger, den psychiatrischen Sachverständigen aus dem Gerichtssaal zu weisen.

Der 57 Jahre alte Angeklagte meldete sich sofort zu Wort: »Von mir gibt es kein Einverständnis zu den Sachverständigen«, sagte Mollath. Vor seiner Vernehmung müsse Professor Norbert Nedopil den Gerichtssaal verlassen. Er wolle sich frank und frei verteidigen: »Das kann ich aber nicht, wenn Herr Nedopil als Damoklesschwert über mir schwebt.« Er bekomme Beklemmungen und Angstzustände. Sein Verteidiger Gerhard Strate fügte an: »Mein Mandant hat ein abgrundtiefes Misstrauen gegen Psychiater.«

Die Staatsanwaltschaft sprach von einem Dilemma. Denn die Strafprozessordnung sehe die Anwesenheit des Gutachters vor. »Das Gericht muss sich mit der Frage der Schuldfähigkeit und der Gefährlichkeit des Angeklagten befassen«, sagte der Staatsanwalt. Dem folgte auch das Landgericht und wies den Antrag der Verteidigung zurück: Nedopil blieb im Saal.

Mollaths Ex-Frau, die als Nebenklägerin am Prozess beteiligt ist, erschien nicht. Der Angeklagte wertete das als »puren Selbstschutz«. Er ist überzeugt, dass seine Ex-Frau und die Justiz ein Komplott geschmiedet und ihn in die Psychiatrie gebracht hatten.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte 2006 festgestellt, dass Mollath seine Frau niedergeschlagen, gebissen, getreten und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt habe. Dann soll er sie in der Wohnung eingesperrt haben. Außerdem habe er Autoreifen zerstochen. Weil die Gutachter ihn jedoch wegen seiner angeblichen Wahnvorstellungen als gemeingefährlich einstuften, wies ihn das Gericht in die Psychiatrie ein. Im vergangenen August kam er frei.

Mollath hatte während seines Strafverfahrens seine Frau, weitere Mitarbeiter der HypoVereinsbank und Kunden wegen Steuerhinterziehung, Schwarzgeld- und Insidergeschäften angezeigt. Als ein Revisionsbericht der Bank auftauchte, belegte er einen Teil von Mollath Vorwürfen. dpa/nd

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