Des Königreiches Reiche werden - reicher

Vermögen der 1000 wohlhabendsten Personen in Großbritannien stieg um weitere 15 Prozent

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 3 Min.
In keinem der 34 Länder der OECD ist die soziale und finanzielle Schere in den vergangenen 40 Jahren so weit auseinandergegangen wie in Großbritannien. Das liegt auch am Vermögenszuwachs der Reichen.

Zwei Meldungen, die sich auf die ganze britische Insel beziehen, aber vor allem London betreffen, illustrieren das verheerende Auseinanderdriften der britischen Gesellschaft: Die Zahl der Obdachlosen wächst, ebenso die der Milliardäre.

Nachricht eins verbreitete soeben die Hilfsorganisation Shelter: Die Sozialkürzungen der Regierung des Konservativen David Cameron treffen Mieter immer härter und haben zur Verdoppelung der Notrufe wegen wachsender Mietrückstände und drohender Obdachlosigkeit geführt. Nachricht zwei: Die wohlhabendsten Inselbewohner sind heute reicher als je zuvor. Und: In keinem Land der Welt gibt es so viele Milliardäre pro Kopf wie im Vereinigten Königreich, vor allem an der Themse.

Dies geht aus der neuen Reichenliste der »Sunday Times« hervor. Danach beträgt das kombinierte Vermögen der tausend Reichsten in Großbritannien 518 975 Milliarden Pfund, ein Sprung um weitere 15,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr (1 Pfund etwa 1,25 Euro). Es bedeutet, dass die tausend Reichsten heute das Äquivalent von einem Drittel des Inlandsprodukts besitzen. Tatsächlich ist der Anteil noch höher, denn das Register berücksichtigt nur »identifizierbares Vermögen« - Land- und Immobilienbesitz sowie Güter wie Kunstgegenstände, Rennpferde und Anteile in öffentlich registrierten Kapitalgesellschaften -, nicht aber Bankkonten. In die hatte die »Sunday Times« keinen Einblick.

Wer in die Tausender-Liste wollte, musste diesmal ein Minimum von 85 Millionen Pfund vorweisen, verglichen mit 80 Millionen 2008, als der Höhepunkt vor dem Platzen der damaligen Finanz- und Immobilienblase erreicht war. Wer es unter die reichsten 500 bringen wollte, benötigte 190 Millionen Pfund - mehr als das Doppelte der 80 Millionen, die vor zehn Jahren ausreichten. Selbst Philip Beresford, der das Ranking seit 25 Jahren zusammenstellt, war überrascht: »Ich habe noch nie einen so extremen Vermögenszuwachs von Britanniens tausend Reichsten erlebt wie letztes Jahr.« Die Erhebung ergab auch, dass die Zahl der Milliardäre in Großbritannien erstmals die Hundert-Schwelle überschritt. 104 Milliardäre waren im Königreich ansässig, laut »Guardian« sind das »mehr pro Kopf der Bevölkerung als in jedem anderen Land, wobei Londons Anteil von 72 Sterling-Milliardären Rekord ist, von keiner anderen Stadt übertroffen«.

Ähnlich manchen Spitzenklubs der Fußball-Premier-League sind Briten darin keineswegs unter sich. Die indischen Brüder Sri und Gopi Hinduja führen die aktuelle Top-1000-Liste mit 11,9 Milliarden Pfund an. Das Brüderpaar, das von London aus die Hinduja Group führt, verdrängte den russischen Oligarchen Alisher Usmanow. Das Vermögen des Mannes, der Miteigentümer von Pokalsieger FC Arsenal ist, »fiel« auf 10,6 Milliarden Pfund. Viele der Superreichen bezahlen keine oder wenig Einkommenssteuer, da Britannien nicht ihr offizieller Wohnsitz ist.

Bekanntester Brite im Register ist kein anderer als die Queen. Elizabeth II. hatte ein gutes Jahr. Sie mehrte ihr Privatvermögen um weitere 10 Millionen Pfund und steht nun mit 330 Millionen auf Platz 285. Auf Platz 396 ist Starkoch Jamie Oliver, dessen Vermögen - zusammen mit dem seiner Frau Jools (Kinderkleidung) - um 90 Millionen auf 240 Millionen Pfund wuchs. Labour-Parlamentarier Chris Leslie sagte zu den Zahlen: »Es überrascht kein bisschen, dass die Superreichen so viel reicher geworden sind, denn Premier Cameron hat den Millionären eine gewaltige Steuersenkung beschert.«

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