NATO will fünf neue Stützpunkte in Osteuropa bauen

Bericht: Stationierung von jeweils 300 bis 600 Soldaten im Baltikum, Polen sowie Rumänien geplant / Staaten wollen NATO-Russland-Gründungsakte kündigen / Pläne für britische NATO-Eingreiftruppe angeblich schon älter / Proteste gegen Gipfel in Newport

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Berlin. Die NATO will offenbar in den drei baltischen Staaten sowie in Polen und Rumänien fünf neue Stützpunkte aufbauen. Sie sollen jeweils 300 bis 600 Soldaten aus den Mitgliedstaaten aufnehmen, die dauerhaft in den Ländern stationiert sind, berichtet die »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung« unter Berufung auf einen hohen NATO-Beamten berichtet. In den Stützpunkten sollen Logistiker, Aufklärer und Einsatzplaner Übungen vorbereiten und im Ernstfall auch Einsätze in den Ländern führen. Die Details sollen laut »FAS« nach dem NATO-Gipfel am 4. und 5. September in Wales ausgearbeitet Werden. Das Treffen wird angesichts der Ukraine-Krise über eine Neuausrichtung des Bündnisses debattieren und dazu auch Beschlüsse fassen. Die Mitgliedsländer in Ost-Mitteleuropa dringen schon länger auf eine stärkere Präsenz der Allianz in ihrer Region.

Laut einem »Spiegel«-Bericht drängen mehrere NATO-Staaten inzwischen darauf, wegen der russischen Haltung im Ukraine-Konflikt die NATO-Russland-Gründungsakte aufzukündigen. Diese legt der NATO Beschränkungen bei der Stationierung von Truppen auf dem Gebiet des ehemaligen Ostblocks auf. Zu den Befürwortern eines harten Kurses zählen Polen, die baltischen Staaten und Kanada. »Die Diplomatie stößt angesichts der immer neuen russischen Aggressionen an ihre Grenzen«, sagte der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn laut der Vorabmeldung des Magazins. »Es stellt sich die Frage, ob man bei Putin überhaupt noch etwas auf dem Verhandlungswege erreichen kann.« Die Bundesregierung wehrt sich gegen diese Vorschläge, hohe deutsche Diplomaten räumten aber ein: »Es wird mit jedem weiteren militärischen Schritt der Russen schwieriger, die deutsche Position durchzusetzen.«

Am Samstag war bekannt geworden, dass unter britischer Führung eine neue Eingreiftruppe für weltweite Einsätze entstehen soll. Dass die 10.000 Soldaten umfassende Truppe eine Reaktion auf die russische Ukraine-Politik ist, bestätigte die Regierung in London nicht. Neben Großbritannien würden sich laut Informationen der »Financial Times« an der Joint Expeditionary Force für weltweite Einsätze auch die baltischen Staaten, Norwegen, die Niederlande, Dänemark und eventuell Kanada beteiligen. Ein Sprecherin des Verteidigungsministeriums in London sagte der Nachrichtenagentur dpa, es handele sich um Pläne, die bereits 2012 bekanntgegeben wurden und auf der Revision der britischen Verteidigungsfähigkeiten von 2010 beruhen. »Man hat sich damals gefragt, wie man die Teilstreitkräfte zusammenführen und effektiver machen kann, auch unter ökonomischen Gesichtspunkten«, betonte die Sprecherin.

Die Pläne hätten nichts mit der gegenwärtigen Lage in Osteuropa zu tun, sagte sie. Die Angaben der Zeitung hinsichtlich der teilnehmenden Länder seien »nicht gravierend falsch«, betonte die Sprecherin. Die Pläne seien in die NATO-Strategie eingebettet. Eine offizielle Bekanntgabe während des NATO-Gipfels am kommenden Donnerstag und Freitag in Wales sei möglich. Dem Bericht der »Financial Times« zufolge soll die neue Truppe in Divisionsstärke Luft-, See- und Landstreitkräfte umfassen. Nach Angaben der NATO ist sie nicht identisch mit den Bündnis-Plänen, ihre eigene schnelle Eingreiftruppe beweglicher und schlagkräftiger zu machen.

Am Samstag protestierten unterdessen rund 1000 Menschen im walisischen Newport gegen den in der nächsten Woche geplanten NATO-Gipfel. Die ständige Erweiterung der NATO habe Sicherheitsprobleme wie derzeit in der Ukraine erst heraufbeschworen, machten die Teilnehmer aus Großbritannien, den USA, Belgien und Irland deutlich. »An Russlands Stelle wäre ich angesichts der wachsenden militärischen Präsenz vor meiner Haustür auch besorgt«, sagte einer der Redner auf der Kundgebung. Die Vorsitzende der walisischen Grünen, Pippa Bartolotti, warf der NATO Aggression vor. »Die Nato hat sich von einer Verteidigungskraft zu einer aggressiven Kraft gewandelt, und dieser schleichende Wandel hat sich in den vergangenen zehn bis 15 Jahren vollzogen«, sagte sie.

Die Kriegsgegner hatten am Donnerstag ein Friedenscamp in einem Park in Newport errichtet. Am 4. und 5. September treffen sich in Wales die Staats- und Regierungschefs, sowie Außen- und Verteidigungsminister der 28 Mitgliedsstaaten des nordatlantischen Bündnisses sowie von Partner- und Nachbarländern. Der Gipfel, zu dem unter anderem US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet werden, wird von 9500 Polizisten gesichert. Großbritannien hat wenige Tage vor dem Start seine Terrorwarnstufe auf »ernst« erhöht. Agenturen/nd

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