Ex-Oppositionelle warnen vor Linkspartei
Aufruf früherer Bürgerrechtler: »In Sorge um die demokratische Entwicklung« / Regierungsbeteiligung der Linken wäre »fatale Fehlentscheidung«
Berlin. Kurz vor der Landtagswahl in Thüringen haben sich ehemalige DDR-Oppositionelle vehement gegen eine mögliche Regierungsbeteiligung der Linken in Erfurt ausgesprochen. Über einen entsprechenden Aufruf, der im Internet veröffentlicht wurde, hatte zuerst die »Welt« berichtet. In dem Appell heißt es, die Wahlen drohten »so auszugehen, dass erstmals Die Linke - mit Hilfe einer sich von ihren demokratischen Grundsätzen verabschiedenden Steigbügelhalter-SPD - in Regierungsverantwortung gehievt wird«. Dies wäre »eine fatale Fehlentscheidung mit desaströsen europapolitischen und außenpolitischen Folgen«. Zu den Unterzeichnern gehören neben anderen Vera Lengsfeld, Rainer Wagner, Siegmar Faust, Erhart Neubert und Angelika Barbe. Sie bezeichnen es als »äußerst bedenklich«, dass SPD-Politiker wie Parteivize Ralf Stegner und die Thüringer SPD-Spitzenkandidatin Heike Taubertder Linkspartei Persilscheine ausgestellt hätten. Richtig sei stattdessen: »Die mehrfach umbenannte SED verfügt über immense demokratische Defizite und vereinigt in sich linkspopulistische, linksradikale und sogar linksextremistische Tendenzen.«
Die Unterzeichner des Appells kritisieren, »auch CDU und Bündnisgrüne« würden sich »mehrheitlich nicht (mehr) offensiv mit den SED-Nachfolgern auseinander« setzen. Verwiesen wird zur Begründung unter anderem auf die MfS-Biografie von Linken. Auch die Tatsache, dass die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke auf der selben Veranstaltung eingeladen war, auf der das frühere RAF-Mitglied Inge Viett sich für das »abfackeln« von Militärtechnik ausgesprochen hatte, ist den Unterzeichnern Grund für ihre öffentliche Äußerung. »Dass solcherlei von ideologisierten Linksextremisten befolgt wird, sah man jüngst beim Brandanschlag auf Fahrzeuge einer privaten Baufirma auf dem Truppenübungsgelände in der Altmark.« Ob dieser Anschlag tatsächlich von Bundeswehr-Kritikern verübt wurde, ist bisher nicht geklärt.
In dem Appell wird auch behauptet, die Linke würde das staatliche Gewaltmonopol nicht akzeptieren. »Auch Wirtschafts-, Finanz-, Umwelt- und Sozialpolitik können die mehrfach umbenannten Genossen keinesfalls besser als die an der Demokratie orientierten und gestaltungserfahrenen Parteien«.
In Thüringen wird am 14. September gewählt. Laut jüngsten Umfragen sind eine Fortsetzung der CDU/SPD-Koalition wie auch ein rot-rot-grünes Bündnis mit der Linken als stärkster Kraft möglich. Bereits im Juli hatten ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete die Option einer rot-roten Koalition unter Führung der Linkspartei abgelehnt und auf angeblich bestehende »grundlegende Unterschiede zwischen den demokratischen Parteien dieser Bundesrepublik und der Partei Die Linke« verwiesen und vor der Bereitschaft gewarnt, »mit dieser Partei, die dieses systemüberwindende Ziel postuliert, als Juniorpartner zu koalieren«. Dies sei »eine Breitseite gegen die Intention des Grundgesetzes«. nd/Agenturen
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