Hoch auf die Kartoffel
Spezielle Diäten mit der braunen Knolle können Diabetikern mit Nierenschäden helfen
Wer viele Jahre zuckerkrank ist oder an Bluthochdruck leidet, bekommt oftmals Probleme mit seinen Nieren. Das kann sogar zu einem vollständigen Versagen dieser Organe führen - bei etwa 16 000 Menschen in Deutschland muss jährlich diese Diagnose gestellt werden. In etwa 40 Prozent der Fälle handelt es sich um Diabetes-Patienten. Entwickelt sich eine Niereninsuffizienz als Folgeerkrankung, kann mit einer Kartoffel-Ei-Diät der Beginn einer regelmäßigen Dialyse um bis zu fünf Jahre hinausgezögert werden.
Auch für Gesunde oder Übergewichtige gibt es keinen Grund, Kartoffeln vom Speiseplan zu verbannen. Besonders im Herbst, wenn die regionale Ernte eingefahren wird, ist ein regelmäßiger Genuss der als Gemüse zu wertenden Knollen empfehlenswert. Als Pellkartoffeln gegarte festkochende Kartoffelsorten weisen einen geringeren Stärkegehalt gegenüber mehligkochenden Sorten auf und sind in gemäßigten Portionen auch für Diabetiker oder beim Abnehmen geeignet. Sie durch teure Gemüsesorten ersetzen zu wollen, wäre auch aus finanziellen Gründen kein guter Rat. In einer erstmals durchgeführten Metaanalyse zum Vergleich einer »gesunden« gemüsebetonten Ernährungsweise mit einer »ungesunden« weißmehllastigen Ernährungsweise wurden für eine vierköpfige Familie monatliche Mehrkosten von etwa 130 Euro ermittelt.
Bei einem beginnenden Funktionsverlust der Niere können harnpflichtige Substanzen nicht mehr genügend ausgeschieden werden. Harnstoff, Harnsäure und weitere Urämie-Toxine, die als Abbauprodukte von Proteinen entstehen, reichern sich im Blut an, führen zu Magen-Darm-Beschwerden, vermehrtem Wasserlassen und Appetitmangel. Hier kann eine Kartoffel-Ei-Diät helfen, einen Anstieg der Konzentration von Harnstoff im Blut auf über 100 mg/dl zu vermeiden. Ziel der Diät ist es, den Bedarf an Protein zu decken sowie die Eiweißmenge entsprechend der Restfunktion der Niere so gering wie möglich zu halten.
Das Protein aus der Kartoffel weist eine höhere biologische Wertigkeit als jene in Milch, Fleisch oder Brot auf. Zusammen mit dem Protein aus dem Hühnerei steigert sich nochmals die biologische Wertigkeit. Das Verhältnis der einzelnen Aminosäuren im Proteingemisch von Kartoffeln und Ei entspricht dem Bedarf des menschlichen Organismus optimal, so dass er mit weit weniger Protein auskommt. Für die menschliche Bedarfsdeckung mit Aminosäuren aus Rindfleisch wären 42 Gramm reines Protein erforderlich, das entspricht 200 Gramm Fleisch pro Tag für eine Person mit 70 Kilogramm Körpergewicht. Für die Bedarfsdeckung mit Kartoffeln und Hühnerei sind hingegen nur 25 Gramm reines Protein erforderlich. Das optimale Verhältnis erreicht man mit 35 Prozent Protein aus Hühnerei und 65 Prozent Kartoffelprotein - etwa 350 Gramm Kartoffeln und ein Ei pro Tag. Eine von zwei Kartoffelmahlzeiten lässt sich mit Butter, Leinöl oder Avocadocreme abrunden.
Eine schmackhafte Variante der Kartoffel-Ei-Diät lässt sich mit selbst gemachten halbseidenen Kartoffelklößen oder italienischen Gnocchi erzielen. Dazu werden abgepellte Kartoffeln noch heiß durch die Kartoffelpresse gedrückt oder gerieben, mit einem rohen Ei, Salz, Muskat und etwas Kartoffelmehl vermengt, zu Klößchen geformt und in heißem Wasser gargezogen. Mit Salbeibutter, Tomatensahnesoße oder Basilikumpesto lässt sich der Energiebedarf trotz geringer Eiweißzufuhr auf schmackhafte Weise decken.
Im Falle von Bluthochdruck kann sich der hohe Kaliumgehalt von Kartoffeln positiv auswirken, d.h. den Blutdruck leicht senken. Bei fortschreitender Niereninsuffizienz, die sich durch eine Bestimmung von Harnstoff und Kreatinin im Blut feststellen lässt, muss jedoch auch die Kaliumzufuhr durch Gemüse und Kartoffeln beschränkt werden. Durch das Weggießen des Kochwassers und das mehrmalige Wässern von Kartoffeln werden zwei Drittel des enthaltenen Kaliums entfernt.
Auf eine geringe Phosphatzufuhr sollte den Nieren zuliebe ebenfalls geachtet werden. Die Kartoffel mit ihrem Phosphorgehalt von gerade mal 50 Milligramm pro 100 Gramm schneidet hier im Vergleich zu Getreide, Wurst oder Käse sehr gut ab. Erhöhte Phosphatspiegel im Blut, resultierend aus dem übermäßigen Verzehr von Proteinen oder durch Zusatzstoffe in Schmelzkäse oder Cola-Getränken, führen zu Phosphatablagerungen im Nierengewebe und lösen dort entzündliche Reaktionen aus.
Sobald im Laufe der Erkrankung eine regelmäßige Dialyse unumgänglich wird, ist eine derart strenge Beschränkung der Eiweißzufuhr schädlich. Zum Teil werden dann lebensnotwendige Aminosäuren mittels Infusion im Anschluss an die jeweilige Dialyse ersetzt.
Kartoffeln & Ei
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