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Rufe nach Reformen für höhere Wahlbeteiligung

Verein mehr Demokratie: Möglichkeit der Proteststimme für Unzufriedene / SPD-Generalsekretärin Fahimi für Abstimmung im Supermarkt und nationalen Wahltag

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Angesichts der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland werden Rufe nach Maßnahmen zur Stärkung der Stimmabgabe laut. Die Initiative »Mehr Demokratie« verlangte eine Reform des Wahlrechts. Es könnten noch viele Register gezogen werden, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen, erklärte der Sprecher des Landesverbandes Thüringen, Ralf-Uwe Beck am Montag. Statt der Listenstimme sollten die Wähler mehrere Stimmen frei auf Kandidaten verschiedener Listen verteilen und deren Reihenfolge damit verändern können. »Gerade bei der Listenwahl bleibt den Wählern nur, den Vorschlag der Partei zu akzeptieren oder abzulehnen«, konstatierte Beck. »Mit dieser Bevormundung sollte gebrochen werden.« Auch schlägt die Initiative vor, Briefwahllokale an öffentlichen Orten wie Einkaufszentren einzurichten oder Briefwahlunterlagen automatisch an alle Wahlberechtigte zu verschicken.

Außerdem wird die Idee einer Proteststimme ins Spiel gebracht. Ist ein Wähler mit allen Kandidaten unzufrieden, könne er dabei ein Zusatzfeld »Enthaltung« ankreuzen. »Eine Wahlrechtsreform sollte zu Beginn der Legislatur im Landtag diskutiert werden, und zwar unabhängig davon, was dies den einzelnen Parteien bringt«, betonte Beck. Zudem sollte das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden, um bei Jugendlichen zeitig das Interesse an Politik zu wecken. In Brandenburg haben 16-Jährige bereits die Möglichkeit zu wählen, auch hier lag die Wahlbeteiligung aber sehr niedrig.

Der Berliner Politologe Gero Neugebauer sieht mehrere Gründe: Manche sind nach seiner Analyse zufrieden mit den Verhältnissen, andere geben ihre Stimme nicht ab, weil sie nicht den Eindruck haben, dass die Politiker auf sie hören, oder weil für sie alle Parteien gleich sind. Und einige sind mit dem Beteiligungsangebot nicht zufrieden. In der gesamten Bundesrepublik - auch im Westen - gibt es seit Jahrzehnten einen rückläufigen Trend bei den meisten Landtagswahlen. Eine regere Beteiligung lässt sich bislang bei einer Zusammenlegung mit der Bundestagswahl erwarten.

Derweil hat SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi eine Verlängerung der Wahlperiode auf Bundesebene angeregt. »In vielen Bundesländern haben wir die fünfjährigen Wahlperioden bereits, deshalb finde ich eine solche Idee für die Bundesebene zumindest erwägenswert«, sagte Fahimi der »Rheinischen Post«. Auch sei es möglich, »den klassischen Wahltag stärker« zu hinterfragen und Möglichkeiten zu »schaffen, die Stimmabgabe stärker in den Alltag der Bürger einzubinden«, so die Sozialdemokratin. Sie könne sich auch vorstellen, Wahlen stärker zu bündeln. »Weshalb Bürgermeister und Landräte unabhängig von den Kommunalparlamenten gewählt werden sollten, hat mir noch nie eingeleuchtet.«

Die »Leipziger Volkszeitung« meldet, Fahimi plädiere zudem für einen »Wettbewerb der kreativen Ideen für eine höhere Wahlbeteiligung«. Die Politiker hätten »bislang hilflos und auch ein bisschen beleidigt auf die schwindende Wahlbeteiligung gestarrt. Unsere wohlmeinenden Appelle an die staatsbürgerlichen Pflichten eines jeden fruchten nicht so recht, das sollten wir uns eingestehen.« Zu denken sei unter anderem an national gebündelte Wahltermine sowie an eine dreiwöchige Wahlmöglichkeit, unbürokratisch aber an jedem Ort des Landes, vom Strandkorb bis zum Supermarkt. Wie in Schweden soll dabei auch in Deutschland der Personalausweis genügen. »Die Wahl ist drei Wochen lang Bestandteil des Alltags: mit ihrem Personalausweis in mobilen Wahllokalen, die zu dieser Zeit in Supermärkten, Einkaufszentren, Bahnhöfen und an anderen öffentlichen Orten aufgestellt werden«, wird Fahimi zitiert. Zudem sollten die Termine der Landtagswahlen besser koordiniert werden. »Das wirkt dem Eindruck entgegen, dass ständig irgendwo Wahlkampf ist.« Als Vorbild könnte der sogenannte Election Day in den USA dienen. Verfassungsrechtlich geregelt finden am ersten Montag im November in den USA Wahlen für fast alle Ämter statt. nd/Agenturen

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