Die UNO lässt die Armut sinken
Martin Ling über Millenniumsziele und statistische Tricks
Offiziell hat die UNO ihr Ziel erreicht: die Halbierung der extremen Armut im Vergleich zu 1990. 1990 lebten laut des Berichtes zu den Millenniumsentwicklungszielen (MDG) 2014 fast die Hälfte der Menschen in den Entwicklungsländern in absoluter Armut, die inzwischen rückwirkend statistisch mit 1,25 US-Dollar am Tag markiert wird, beim Abfassen der Millenniumsziele im Jahr 2000 galt noch die 1-US-Dollar-Wegscheide zwischen arm und extrem arm.
Die Zahlen der UNO melden nun, dass seit 1990 rund 700 Millionen Menschen über die Armutsschwelle gehievt worden wären. Mithin müssten nur noch 22 Prozent im Globalen Süden ein tristes Dasein als absolut Arme führen. Damit ist das erste MDG statistisch erfüllt. Worüber die UNO schweigt, ist, dass sie »nachgebessert« hat, um ihrem Ziel näher zu kommen. Statt wie ursprünglich die absolute Zahl halbieren zu wollen, ging es »nur« noch darum, den relativen Anteil der absolut Armen zu halbieren. Das Bevölkerungswachstum kann dann keinen Strich mehr durch die Rechnung machen. Und um sich Chinas Erfolge in der Armutsbekämpfung einzuverleiben, wurde statt des Ausgangsjahres 2000 das Basisjahr 1990 genommen. In China wurden zwischen 1981 und 2005 über 600 Millionen Menschen über die absolute Armutsschwelle von 1,25 US-Dollar
Ohne statistische Tricks und China sieht die Bilanz der Armutsbekämpfung alles andere als rosig aus. Mit der Ausnahme Lateinamerikas. Dort haben es vor allem die Linksregierungen geschafft, den Rohstoffboom durch Umverteilungspolitik zur Armutsbekämpfung zu nutzen. Mit der UNO oder gar Unterstützung aus dem Norden hat das nichts zu tun.
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