Grüne loben Merkel für harte Kritik an Putin
Kanzlerin warnt vor russische Einfluss in Moldawien, Serbien und Georgien / EU plant weitere Sanktionen gegen Separatisten / Putin bestätigt Einsatz russischer Soldaten bei Krim-Abspaltung
Update 17.00 Uhr: Die Europäische Union reagiert mit neuen Sanktionen gegen die Separatisten auf die jüngsten Entwicklungen im Ukraine-Konflikt. Die EU-Außenminister beauftragten am Montag die zuständigen Behörden, bis Ende des Monats Namensvorschläge zu machen. Gegen die ausgewählten Personen werden dann Einreiseverbote und Kontensperrungen verhängt.
Die EU wirft den Separatisten vor, entgegen aller Absprachen im Minsker Friedensabkommen Wahlen in den von ihnen kontrollierten Gebieten organisiert zu haben. Zudem kommt es trotz der vereinbarten Waffenruhe immer wieder zu schweren Gefechten mit ukrainischen Regierungstruppen.
Gegen Russland soll es zunächst keine neuen Strafmaßnahmen geben, obwohl Präsident Wladimir Putin weiter die aktive Unterstützung der Separatisten vorgeworfen wird. Auf der Sanktionsliste stehen bislang 119 Personen sowie 23 Unternehmen und andere Organisationen und Einrichtungen.
Update 16.40 Uhr: Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter begrüßt die klaren Worte von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über das russische Vorgehen in der Ukraine-Krise. Es sei gut, »dass hier deutliche Worte Richtung Putin gefallen sind, dass auch er ein Entgegenkommen zeigen muss«, sagte Peter am Montag in Berlin. Der Gesprächsfaden dürfe nicht abreißen. »Da halte ich auch die Worte der Kanzlerin für richtig, dass wir (...) in Europa mit einer Stimme sprechen und einheitlich vorgehen.« Merkel hatte nach dem G20-Gipfel in Australien vor einem Flächenbrand durch das Vorgehen Russlands gewarnt und den russischen Präsidenten Wladimir Putin deutlich kritisiert.
Sydney. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat überraschend deutlich vor einem großen Flächenbrand durch die Ukraine-Krise gewarnt. Die Kanzlerin nutzte während ihres Besuchs im australischen Sydney eine außenpolitische Rede für schärfste Kritik an Kremlchef Wladimir Putin, den sie am Rande des G20-Gipfels in Brisbane unter vier Augen getroffen hatte. Mit Blick auf den mutmaßlichen Abschuss des malaysischen Flugzeugs MH17 über der Ukraine sagte sie: »Die Ukraine-Krise ist wahrlich keineswegs allein eine regionale Angelegenheit. Nein, an diesem Beispiel sehen wir: sie betrifft uns alle.« Für Georgien, Moldawien und Serbien sah sie besondere Risiken.
In altem Denken sehe Russlands die Ukraine als seine Einflusssphäre und trete das internationale Recht mit Füßen, sagte sie vor mehreren hundert Zuhörern beim Lowy-Institut für internationale Politik, einem der renommiertesten sogenannten Think Tanks in Australien. »Das stellt nach den Schrecken zweier Weltkriege und dem Ende des Kalten Krieges die europäische Friedensordnung insgesamt infrage. Und es findet seine Fortsetzung in der russischen Einflussnahme zur Destabilisierung der Ostukraine.«
Sie wolle keine Wiederbelebung der DDR-Zeiten, als ohne Moskaus Zustimmung keinerlei Bewegung möglich gewesen sei, sagte Merkel. Das sei mit den westlichen Werten nicht zu vereinen. »Es geht ja nicht nur um die Ukraine. Es geht um Moldawien, es geht um Georgien, wenn es so weiter geht, kann man fragen, muss man bei Serbien fragen, muss man bei den Westbalkanstaaten fragen.«
Putin verweigere eine Konfliktlösung im gegenseitigen Respekt und mit demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln. Er setze auf das angebliche Recht des Stärkeren und missachte die Stärke des Rechts. Dennoch werde die Europäische Union nichts unversucht lassen, mit Russland zu einer diplomatischen Lösung zu kommen.
Putin bestätigt Einsatz russischer Soldaten bei Krim-Abspaltung
Russlands Präsident Wladimir Putin hat bekräftigt, dass russische Soldaten an der umstrittenen Abspaltung der Schwarzmeerhalbinsel Krim von der Ukraine beteiligt waren. »Unsere Streitkräfte haben die ukrainischen Streitkräfte blockiert, die auf der Krim stationiert waren«, sagte Putin im ARD-Interview für die Sendung »Günther Jauch«. Bei einem international kritisierten Referendum im März über einen Kreml-Beitritt zu Russland hatten Soldaten die Abstimmung gesichert - »um ein Blutvergießen zu vermeiden«, erklärte Putin. Dies hatte er zuvor auch schon im russischen Staatsfernsehen gesagt.
Russische Soldaten sind seit Jahrzehnten auf der Krim stationiert. Die Halbinsel ist Sitz der russischen Schwarzmeerflotte. Über den Aufenthalt von Truppen hatten Moskau und Kiew 2010 einen Vertrag abgeschlossen.
Der Westen wirft Moskau vor, mit der Annexion der Krim das Völkerrech gebrochen zu haben. Die Ukraine fordert die Halbinsel zurück. Putin bekräftigte seinen Standpunkt, Russland habe in keiner Weise gegen das Völkerrecht verstoßen. In dem Referendum hätten die Menschen frei ihre Meinung über ihre Zukunft geäußert - anders als im Kosovo, wo die Unabhängigkeit 2008 nur per Parlamentsbeschluss erklärt wurde, wie Putin argumentierte. Kritiker werfen Russland vor, die Volksabstimmung auf der Krim habe vor Gewehrläufen stattgefunden.
Anschuldigungen des Westens, Russland tue nicht genug für eine Lösung des blutigen Konflikts in der Ostukraine, wies Putin entschieden zurück. »Die Minsker Vereinbarung wurde nur aus dem Grund getroffen, weil wir uns engagiert haben«, meinte der Präsident. Im September hatten sich die Kiewer Führung und die prorussischen Separatisten auf eine Waffenruhe und die Einrichtung einer entmilitarisierten Zone geeinigt. Russland habe dabei auf die Aufständischen eingewirkt.
Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler (SPD), kritisierte im Sender WDR 5 am Montag, Putin verhalte sich wenig einsichtig. Um Russland zu stärkeren Friedensbemühungen zu bringen, haben die EU und die USA harte Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängt.
Putin warnte vor den Folgen dieser Strafmaßnahmen - auch für Deutschland, wie aus einem auf der Webseite des Kreml veröffentlichten Auszug des Interviews hervorging. Durch eine Einschränkung russischer Banken am internationalen Finanzmarkt könnten diese weniger Kredite an russische Unternehmen vergeben, die mit deutschen Partnern arbeiteten. »Früher oder später hat das nicht nur für uns Auswirkungen, sondern auch für sie«, meinte Putin.
Auch für die Ukraine seien die Sanktionen gefährlich, meinte der Kremlchef. Russische Banken hätten Kredite über 25 Milliarden Dollar (20 Milliarden Euro) im Nachbarland vergeben. Mit Sanktionen treffe der Westen russische Banken und damit auch die Ukraine. »Denken Sie (der Westen) überhaupt nach, was Sie tun?« fragte Putin.
Die russische Wirtschaft steht infolge der Ukraine-Krise und der Sanktionen massiv unter Druck. Der Rubelkurs brach stark ein: Lag der Wechselkurs zu Jahresanfang noch bei etwa 45 Rubel für einen Euro, waren es Anfang November bis zu 60 Rubel. Die Zentralbank erwartet 2014 einen Kapitalabfluss aus Russland von 129 Milliarden US-Dollar. dpa/nd
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