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Zackenbarschs »Hmmbmh«
Jens Rassmus malt, zeichnet und erzählt Geschichten vom Doktorfisch
Es geht ganz fröhlich los. Keiner der Beteiligten (vielleicht aber schon der Leser?) ahnt, dass die Sache böse ausgehen könnte: Die Krakenfamilie - Mutter, Vater, acht Kinder - bereitet die Silvesterfeier vor. Der Krakenvater sorgt sich, dass beim Festessen mit Raclette die Kinder sich ihre Saugnäpfe verbrennen könnten. Aber, wie es meist so ist im Familienverband, die Alten checken manches nicht so richtig, die Kinder wissen es besser: »Wir sind doch unter Wasser!«, beruhigen sie den Vater, »da passiert schon nichts«. Schließlich stehen Algenkompott, Strudelwürmer, Seegurken, Meergraskroketten und anderes auf der Essenstafel, zu der sich inzwischen noch Onkel Plopp und Tante Flutsch gesellt haben. Mutters Kommando, als das Festmahl beginnen soll: »Tentakel auf den Tisch!«
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* Jens Rassmus: Ein Pflaster für den Zackenbarsch. Geschichten vom Doktorfisch.
Residenz Verlag. 69 S., geb., 16,90 €.
Und es sind unglaubliche 96 Tentakelenden, gewissermaßen die Hände, die brav die Bereitschaft zum Essen und Trinken anzeigen. Als nun alle gleichzeitig zulangen, gibt es ein Durcheinander. Wen wundert’s. Doch nach kurzer Zeit verschlingen sich alle Tentakel derart arg, dass die Kraken gar ein einziges Knäuel bilden. Lebensgefährliche Situation. Ein Arzt wird gerufen. Der Doktorfisch und sein Assistent, der Kofferfisch, eilen herbei.
Mit welch tollem Trick der Doktorfisch, der in den folgenden Geschichten des Buches die Haupt-»Person« sein wird, das Krakenknäuel-Drama zu einem glücklichen Ende führt, lese jeder selbst. Besser: Lasse jedes Kind sich vorlesen. So viel sei vom Wundermitteleinsatz bereits verraten: Lachen ist die beste Medizin.
Wenn man, so als Drei-, Vier-, Fünfjähriger, erkrankt ist - Nase verstopft, Brustkorb wund vom Husten und überhaupt ohne Kraft zum sonst selbstverständlichen Toben im Freien -, sehnt man sich mehr als sonst danach, liebevoll umsorgt zu sein. Braucht ein bisschen Trost von der Unbill, im Bett bleiben zu müssen. Jens Rassmus - vielfach preisgekrönter Illustrator, hier auch wieder zugleich Autor der kurzen Fabeln - ist behilflich. Sein neuestes Buch, den Kleinen vorgelesen, ist im Wortsinne Ab-Lenkung vom Kranksein. Dem Rat, der Tat des Arztes bedürfen all die sprechenden Meerestiere, die sich unter Wasser in häuslichen Situationen befinden, die denen von Menschen ganz ähnlich sind. Jedes Tier, auch der Zackenbarsch, der gar nicht krank ist, braucht - aus sehr verschiedenen Gründen - den Doktorfisch. Wie sie alle geheilt werden, ist spannend erzählt, völlig ohne erhobenen Zeigefinger. Lauter kleine Abenteuer. Großes, dialogreiches Unterwassertheater. Manchmal fast absurd, derart, dass selbst der Vorleser prustend auflachen muss.
Das Vergnügen an den fantasievollen Geschichten geht zusammen mit dem an den ganzseitigen, farbintensiven Illustrationen und den kleinen Zeichnungen zwischenrein. Wie der Zackenbarsch mit Pflaster quer überm Maul bedanke man sich mit einem »Hmmbmh«!
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