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Flora 717 und ihr abenteuerliches Leben

Laline Paull führt mit ihrem Roman in einen Bienenstock

  • Sabine Neubert
  • Lesedauer: 3 Min.

Dies ist ein Roman für Erwachsene, den zu lesen glücklich und ein bisschen nachdenklich macht. Dabei hat man besondere Freude an den Schilderungen einfacher und doch so reicher, erhaltenswerter Natur, eines verwilderten Obstgartens, alter Bäume, weiter Felder im Wechsel der Jahreszeiten und »der Süße von eintausend Blumen«, wie es einmal so schön heißt, vor allem aber am Leben und Geschick der Protagonistin dieser Natur-Erzählung, der Biene Flora 717. Flora ist ein winziges Glied im großen Organismus ihres Bienenstockes und doch ein ganz besonderes Wesen.


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* Laline Paull: Die Bienen. Roman. A. d. Engl. v. Hannes Riffel.
Tropen Verlag. 364 S., geb., 19,95 €.


Mir fiel beim Lesen ein alter Filmtitel ein: »Sie tanzte nur einen Sommer«. Auch Flora 717 tanzt sehr oft und gibt dabei, nach Bienenart, Wissen und Erfahrungen ihrer Erkundungsflüge an ihre Bienenschwestern weiter. Flora hat zwar etwas mehr Zeit als nur einen Sommer, auch den Herbst und den Winter, in dem das Leben im Bienenstock fast erstarrt, aber der Sommer ist die Blütezeit ihres abenteuerlichen Bienenlebens, und im kommenden Frühjahr ist ihre wichtigste Aufgabe schon vollbracht.

So ist es in der Natur mit ihrem Werden und Vergehen aller Lebewesen, auch des Menschen. Allerdings ist uns Menschen ein wenig mehr Zeit vergönnt. Und wie in der Natur, so gibt es in dem Roman nicht nur Geburten und Aufzucht, Begattungen und Umarmungen, sondern auch Freunde und Feinde, Krankheiten und Sterben und - Hauen und Stechen, letzteres ganz im Wortsinn. Der Bienenstock ist streng hierarchisch in Sippen gegliedert. »Arbeiten, gehorchen, dienen« ist die wichtigste Parole. Alle haben ihre jeweiligen festen Aufgaben. Die unterste Stufe bilden Hunderte, ja Tausende von Arbeits- oder Hygienebienen, die sogenannten Floras. Etwas höher stehen die Pflegerinnen des Nachwuchses, bewacht von den sogenannten Karden. Größeres Ansehen genießen die Sammlerinnen, die Honig und Pollenstaub in den Stock einbringen. Darüber hinaus gibt es die Distelwächterinnen und die Fruchtbarkeitspolizei. Die höchste Sippe bilden die Melissen oder Salbeipriesterinnen. Über ihnen steht nur noch die Mutter aller, die Königin mit ihrem Hofstaat. Nur ihr ist es vorbehalten, Eier zu legen. Zu erwähnen sind natürlich noch die »Männlichkeiten«, eitle, verwöhnte Drohnen, denen es, wie wir wissen, im Herbst an den Kragen geht. Sie haben hübsche Namen wie »Herr Pappel«, »Herr Vogelbeere« oder »Herr Linde«. Auch für die Weibchen hat die Autorin reizende Blumennamen gefunden, und bei der Beschreibung der Räume im Bienenstock hatte sie witzige Einfälle: Außer der Kinderstation gibt es Tanzsaal, Patisserie, Wachskapelle, königliche Bibliothek usw.

Flora 717, die zur untersten Kaste gehört, unterscheidet sich von Geburt, sprich: vom Schlüpfen, an von ihren Sippen-­Schwestern durch ungewöhnliche Größe, die Fähigkeit, sprechen zu können, und durch Klugheit und Mut. Es gelingt ihr, in die Sippe der Sammlerinnen aufzusteigen und bis in die königlichen Gemächer vorzudringen. Aber Flora 717 hat noch eine Fähigkeit, die ihr fast zum Verhängnis wird. Sie legt ein Ei, und das ist ein furchtbares Sakrileg. Menschliche oder vermenschlichte Eigenschaften und tierisches Verhalten in kunterbunter Mischung: Ein märchenhafter Roman, eine moderne Biene-Maja-Geschichte.

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