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Schmuggler auf Liedertour
Frank Viehweg und Quijote lassen Liedermacher aus 13 Ländern zu Wort und Klang kommen
So armselig ist die Welt der Lieder nicht, wie uns das Radio glauben macht. Viele haben nur keine Lobby. Und Nachdichter gar - das sind doch klandestine Schmuggler-Existenzen, Verräter am Mainstream, an der heiligen angelsächsischen Kulturhoheit, gar nicht selten auch an dem System, der sie zu danken ist. Wenn sie die Bühne betreten, wie der Berliner Liederdichter Frank Viehweg und Quijote aus Chemnitz (Sabine Kühnrich und Ludwig Streng), ist für Überraschung gesorgt.
»Tausend Stücke - Geschmuggelte Lieder« heißt ihre erste gemeinsame CD, in gewisser Weise eine Fortführung von Viehwegs Bänden »Eine andere Stimme - Meine fremden Lieder«, »Solange man singt - Lieder-Verse nach Jaromir Nohavica« und »Verschwunden ohne Spur - Lieder-Verse nach Juri Schewtschuk« (alle im Nora Verlag erschienen). Zu Wort und Klang kommen auf dem Album Liedermacher aus 13 Ländern. Die Wanderung über die Kontinente ist auch ein Streifzug durch die Zeiten: von der Pariser Kommune (»Die Süßkirschenzeit«) bis zum niederländischen Mutmacher Johan Meijer (»Im Innern scheint das Licht«). Doch die Intentionen der zwanzig auf der CD versammelten Lieder zeigen vor allem, was sich gleicht über jede Entfernung hinweg. Die Sänger bieten sich nicht feil zum Verkauf. Sie bieten der Welt kein Rezept, nur ihre Erfahrung. Sie wissen, dass der Mensch, um das Licht der Welt zu erblicken, durch einen anderen Menschen gehen muss. So öffnen sie sich, verletzt den Verletzten und liebevoll den Liebenden.
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* Frank Viehweg und Quijote: Tausend Stücke – geschmuggelte Lieder.
1 CD, 15 €. Bestellung im nd-shop.
»Ich bin da und biete dir mein Herz«, heißt das bei Fito Páez. »Komm nach Süden in mein Herz«, sang Bruce Cockburn. »Ich würd dir gerne was erzähln«, verrät Oleg Mitjajew dem schlafenden Mitreisenden im Nachtzug, und Juri Schew-tschuk will nicht nach Haus fahren aus Paris. Ruhelos sind jene, denen es kalt wird (Andrej Makarewitsch), wo alles seinen Preis hat (Alejandro Filio), die im Leben kaum mehr finden »als so Zigarettenkippen« (Gennadi Ponomarjow). Sie sehen die weißen Vögel (Konstantin Nikolski) und fliegen mit den Träumen (Francisco Villa). Sie fühlen sich selbst »wie ein Zug, der Gewitter durchquert« (León Gieco). Wenn sie sagen: Ich will, dann meinen sie nicht Haben, sondern Sein, wie Jorgos Seferis: »Wir nahmen, was wir falsch gemacht und änderten das Leben ganz.«
Dabei ist ihre Utopie so hiesig, wie ihre Leidenschaft irdisch ist. Die Aufforderung zum lustvollen Tanz bei Nohavica, der Kampf um die gestrandete Liebe bei Pablo Milanés, die hingebungsvolle Zerrissenheit im portugiesischen Volkslied. »Na komm, wir zerschmelzen das Eis« lädt Sergej Tschigrakow ein. »Nicht vom Mond und den Sternen, nicht vom Himmel hernieder kommt mein Lied auf die Erde«, beharrt Silvio Rodríguez, »wenn du sagst, du bist mein Freund, vielleicht wird es so sein«, hofft Anne Linet im Titellied »Tausend Stücke« und Makarewitsch verspricht: »Ich werde immer noch einmal beginnen, solang das Licht nicht stirbt, solang die Kerze brennt.«
Es bedarf einer Stimme, die fähig ist, Lebenswirklichkeit und Lebensgefühl auszuloten in allen diesen Facetten. Sabine Kühnrich (voc, flute, perc) vollbringt auch dieses Kunst-Stück mit einer klassisch anmutenden Disziplin und einer strengen Hingabe, die zwischen Ludwig Strengs (piano, voc) leichtfüßigem und dabei beherrschtem Klavier und Frank Viehwegs (voc, git) auch in sanften Tönen noch leidenschaftlicher Gitarre vermittelt. Dass sie alle drei, Meister ihres Handwerks, aus tiefen Brunnen schöpfen, gibt der CD-Produktion und mehr noch ihrem Live-Auftritt Kraft und Charisma, die fortschwingen in einem begeisterten Publikum.
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