Juncker wirbt für 315-Milliarden-Programm für Europas Wirtschaft

Gemischte Reaktionen im Europaparlament / Griechische Linke zweifelt an Hebeleffekt der Investitionen: Europa setzt weiterhin auf von Deutschland geforderte Sparpolitik

  • Lesedauer: 3 Min.

Straßburg. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat im Europaparlament für sein 315 Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm für Europas Wirtschaft geworben. Neben Strukturreformen und Haushaltsdisziplin sei der Investitionsplan »das fehlende Stück im Puzzle«, um nach Jahren der Krise Arbeitsplätze zu schaffen, sagte Juncker am Mittwoch in Straßburg. Die Reaktionen fielen gemischt aus: Neben Lob gab es Zweifel an der genannten Summe und deren möglicher Wirkung.

Der Plan habe das Ziel, von 2015 bis 2017 Investitionen in Europa von mindestens 315 Milliarden Euro auszulösen, sagte Juncker. Europa müsse endlich zur Kenntnis nehmen, »dass wir eine Schicksalsgemeinschaft sind«. Die Volkswirtschaften seien verflochten. »Mehr Wachstum in Südeuropa ist gut für das Wachstum in der Bundesrepublik Deutschland.«

Herzstück des Plans ist ein neuer Fonds für strategische Investitionen, der ab Mitte 2015 Investitionsprojekte etwa in den Bereichen Energie, Verkehr, Bildung und Forschung absichern und dadurch ein Vielfaches an privaten Investitionen erzeugen soll. Der Fonds wird dabei mit 16 Milliarden Euro aus bereits vorhandenen EU-Mitteln plus fünf Milliarden Euro von der Europäischen Investitionsbank (EIB) ausgestattet werden. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die zusammen 21 Milliarden Euro Investitionen anschieben können, die mindestens 15 Mal so hoch liegen.

Der Betrag von 315 Milliarden Euro sei auch »keine Obergrenze«, sagte Juncker. Wenn sich der Fonds bewähre, könne das Programm über die Jahre 2018 bis 2020 verlängert werden. Und das Projekt sei auch offen, so das Mitgliedstaaten Geld beisteuern könnten. Neben der genauen Prüfung jedes Projekts sei aber auch ein »ehrgeiziger Fahrplan« notwendig, mit dem Europa Investitionshindernisse wie Bürokratie beseitige.

Der deutsche Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber, sprach von einem »überzeugenden Vorschlag«. Geld alleine löse die Probleme aber nicht. Investoren wollten auch sichere Rahmenbedingungen und den Abbau bürokratischer Hindernisse. Haushaltsdisziplin sei gleichzeitig Voraussetzung, damit Europa für Anleger glaubwürdig sei. Der belgische Liberale Guy Verhofstadt betonte, ohne Strukturreformen bleibe der Plan wirkungslos. Notwendig sei zudem eine wirkliche Öffnung der Märkte für Energie und die Digitalwirtschaft. »Ansonsten handelt es sich um Geld, das zum Fenster hinaus geworfen wird.«

Der italienische Sozialdemokrat Gianni Pittella lobte, dass sich in der Kommission nach fünf Jahren Sparpolitik der »Ton ändert«. Juncker werde sich aber daran messen lassen müssen, wie viele Arbeitsplätze tatsächlich geschaffen würden. Die 21 Milliarden Euro von EU-Seite für den Fonds seien »ein guter Start«, sagte Pittella. »Jetzt müssen wir die Mitgliedstaaten ermutigen, ihren Beitrag zu erbringen.«

Der griechische Linken-Abgeordnete Dimitros Papadimoulis warf Juncker vor, sein Investitionspaket sei »leer«. Den Hebeleffekt von 15 Mal höheren Investitionen glaube »kein Volkswirt der Welt«. Europa mache weiter wie bisher und setze auf die von Deutschland geforderte Sparpolitik. Der belgische Grüne Philippe Lamberts sagte, der Investitionsplan sei »nicht glaubwürdig«. Verwendet werde Geld, das in bestehenden Programmen verplant sei. »Das ist so, als nähme man Geld aus der rechten Tasche, um es in die linke Tasche zu stecken.«

Juncker wies den Vorwurf zurück. »Wir schichten nicht nur Geld um«, sagte der Kommissionspräsident. Ziel sei es, die Mittel angesichts leerer Staatskassen effektiv einzusetzen und zögernde Anleger zu Investitionen zu bewegen. Europa brauche eine »Investmentoffensive«, die seiner Wirtschaft einen »Schub« verleihe und insbesondere auch auf kleine und mittlere Unternehmen ziele.

Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) erklärte, das Investitionspaket sei »ein erster Schritt in die richtige Richtung«. Gefordert seien aber auch »die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten«, um »gemeinsam das Investitionsklima in Europa deutlich zu verbessern«.

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