Linkspartei fordert mehr Einsatz gegen Kinderarmut
Gysi: Staat raubt durch Unterlassen Chance auf gleichwertigen Start / Kipping: Studie der Bertelsmann-Stiftung »erschreckend« - Bundesregierung versagt
Berlin. Politiker der Linkspartei haben zu mehr Anstrengungen im Kampf gegen Kinderarmut aufgerufen. Mit Blick auf die am Freitag bekanntgewordenen Ergebnisse einer Studie der Bertelsmann-Stiftung sagte Linksfraktionschef Gregor Gysi, »indem der Staat überhaupt Armut zulässt, raubt er den Kindern ärmerer Eltern praktisch ab der Geburt schon die Chance auf einen gleichwertigen Start ins Leben«. Durch Armut würden Menschen »nicht nur materiell eingeschränkt, sondern auch weitestgehend vom gesellschaftlichen und kulturellen Leben ausgegrenzt«. Gysi sagte, »die einzige Möglichkeit, dass wir Armut in Deutschland überwinden, ist, die Umverteilung von unten nach oben zu beenden und eine Umverteilung von oben nach unten zu beginnen - am ehesten über Steuergerechtigkeit«.
Im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung waren von der Universität Bochum und der Stadt Mülheim Schuleingangsuntersuchungen danach untersucht worden, wie sich das Leben im Hartz-Regime für Kinder auswirkt und welche Unterschiede dies gegenüber der Entwicklung von Kindern in Familien mit besseren Einkommen ausmacht. Über 40 Prozent der armutsgefährdeten Kinder würden laut der Studie nur mangelhaft Deutsch sprechen. Auch gibt es signifikante Nachteile bei der Körperkoordination, dem Umgang mit Zahlen und bei Problemen mit Übergewicht. Auffällig sei auch, dass Kinder mit Armutshintergrund kaum Zugriff auf soziale und kulturelle Angebote haben, so die Studie.
Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping sprach von »erschreckenden Ergebnissen«. Mit einem Aufwachsen in Armut seien Weichenstellungen verbunden, die »später nur schwer korrigierbar« sind. Armut werde »somit zur Falle für das ganze Leben« und praktisch »vererbt«. Dies sei ein »Zustand, der nicht zu akzeptieren ist«, sagte Kipping. Sie warf der Bundesregierung vor, bei der Bekämpfung und Überwindung von Armut zu versagen. »Es gibt immer noch keine genügenden Ansätze, eine ausreichende Existenzsicherung für Kinder und Erwerbslose anzustreben. Kindergelderhöhungen um vier bzw. sechs Euro lösen die Probleme der Kinder nicht. Der zu niedrige Mindestlohn voller Ausnahmen ist weit entfernt davon, armutsfest zu sein«, sagte Kipping. Ihre Partei fordere »die Absicherung aller Kinder und Jugendlichen mit einer ausreichenden Kindergrundsicherung, einen Mindestlohn ohne Ausnahmen in Höhe von zehn Euro sowie eine ausreichende Mindestrente und Mindestsicherung«. Unter einem Betrag von 1050 Euro drohe Armut, so die Bundestagsabgeordnete. nd/Agenturen
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