Eurogruppe lässt SYRIZA-Regierung zappeln

Auch die EZB erhöht abermals den Druck / Athen kündigt Steuerreform an: Umsetzung in zweiter Jahreshälfte / Steuerabkommen mit der Schweiz könnte bis 15 Milliarden bringen / EFSF berät über Rückzahlung von 1,2 Milliarden an Griechenland

  • Lesedauer: 5 Min.

Update 16 Uhr: Die Euro-Länder haben noch keine Entscheidung über die Forderung der SYRIZA-geführten Regierung in Athen getroffen, die 1,2 Milliarden Euro Banken-Rettungsgeld zurückverlangt. Die Euro-Finanzminister würden »zur gegebenen Zeit« wieder darüber sprechen, teilte ein Sprecher des Euro-Krisenschirms EFSF am Mittwoch mit. Laut der griechischen Zeitung »Kathimerini« macht Athen geltend, es habe zu viel geparktes Geld für die Bankenrettung an den Euro-Krisenfonds in Luxemburg zurückgezahlt. Athen hatte Ende Februar 10,9 Milliarden Euro an den EFSF zurückgegeben und möchte 1,2 Milliarden Euro davon wiederhaben, weil Hilfen insbesondere für kleinere Banken geflossen waren. Es gebe in der Eurogroup Working Group (EWG) Übereinstimmung, dass Griechenland rechtlich gesehen nicht zuviel an den EFSF zurückgezahlt habe, erklärte nun aber der EFSF-Sprecher. In der EWG sind die Staatssekretäre der Finanzministerien der 19 Euro-Länder vertreten.

Athen fordert vom EFSF 1,2 Milliarden zurück
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Update 13 Uhr: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erneut ihren Druck auf die SYRIZA-geführte Regierung in Athen erhöht: Die Notenbank hat griechische Geschäftsbanken angewiesen, keine weiteren Staatspapiere ihres Landes mehr zu kaufen, wie eine mit dem Vorgang vertraute Person der deutschen Presse-Agentur in Frankfurt sagte. Das gelte auch für kurzfristige Papiere (T-Bills). Die Begründung der EZB: Bei einer Staatspleite Griechenlands könnten die Banken mit in den Bankrott gerissen werden, wenn die Institute zu viele Staatspapiere halten. Mit der Entscheidung wird der Finanzierungsspielraum der Regierung in Athen immer enger. Dem Vernehmen nach ist der EZB-Rat mit der Entscheidung einem Vorschlag der bei der EZB angesiedelten europäischen Bankenaufsicht gefolgt. »Der Beschluss steht im Einklang mit den Entscheidungen der Geldpolitik, die keine weiteren T-Bills als Sicherheiten für Zentralbankgeld akzeptiert«, sagte der Insider. Als Aufseher hätten die EZB und die griechische Zentralbank die Geldinstitute nun auch angewiesen, ihr Engagement in öffentlichen griechischen Schulden nicht auszuweiten. Schon im Januar hatten die Aufseher dies griechischen Banken empfohlen. Nun sei der Beschluss rechtlich verbindlich. Die Ausgabe kurzfristiger Geldmarktpapiere ist bisher die wichtigste Finanzierungsquelle der Regierung. Das Land ist praktisch vom Kapitalmarkt abgeschnitten.

Athen kündigt Steuerreform an

Berlin. Griechenland könnte nach Einschätzung von Experten nach dem Abschluss eines Steuerabkommens mit der Schweiz rund 10 bis 15 Milliarden Euro einnehmen. »Die Griechen haben in der Schweiz mindestens 80 Milliarden Euro liegen. Etwa zwei Drittel davon sind Schwarzgeld«, sagte der Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Schneider von der Universität Linz der Deutschen Presse-Agentur. »Der Abschluss eines Steuerabkommens wäre die schnellste und effizienteste Maßnahme, an Geld zu kommen«, meinte der auf Schattenwirtschaft spezialisierte Ökonom. Er sei sehr erstaunt, dass die neue griechische Regierung bisher wenig Schritte in diese Richtung unternommen habe.

Es sei auch merkwürdig, warum die Gläubigerstaaten ein solches Vorgehen nicht energischer forderten, meinte Schneider weiter. Er gehe geschätzt von rund 10.000 griechischen Steuersündern aus, die ihr Geld vor allem in den vergangenen Jahren in die Schweiz gebracht hätten. »Die Summe hat sich mit Sicherheit in den letzten vier, fünf Jahren verdoppelt«, sagte Schneider. Im Lauf der Woche soll es nach Angaben der Schweizer Regierung zu neuen Gesprächen mit der griechischen Regierung kommen. Dazu wollte Jacques de Watteville, Leiter des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF), nach Athen reisen.

Die Regierung in Athen konkretisierte unterdessen ihre Pläne für eine Reform der Steuergesetzgebung. Griechenlands Vizefinanzministerin Nadia Valavani erklärte, die Steuergesetze würden in der zweiten Jahreshälfte reformiert. Die derzeitige Regelung sei »ungerecht«. Unter anderem soll großer Immobilienbesitz künftig stärker besteuert und der Kampf gegen Steuerbetrug vorangetrieben werden. Die Regierungspartei SYRIZA hatte auch angekündigt, die Freibeträge von umgerechnet 9500 Euro auf 12.000 Euro anzuheben. Zu diesem Vorhaben äußerte sich Valavani nicht.

Das Parlament in Athen hatte in der vergangenen Woche bereits ein Gesetz verabschiedet, das Bürgern und Unternehmern mit Rückständen bei Steuerzahlungen und Zahlungen an die Sozialkassen erhebliche Erleichterungen gewährt. Sie können ihre Steuerschulden jetzt beispielsweise in hundert Raten zurückzahlen. Die Außenstände belaufen sich nach Angaben der griechischen Regierung auf 76 Milliarden Euro.

Derweil wartet die griechische Regierung auf die Rückzahlung von 1,2 Milliarden Euro, die zu viel an den europäischen Rettungsfonds EFSF überwiesen wurden. Wie ein EFSF-Sprecher am Dienstag mitteilte, soll am Mittwoch auf Anweisung von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem eine Arbeitsgruppe telefonisch darüber beraten. Aus ESFS-Kreisen hieß es, die griechische Forderung nach einer Rückzahlung sei »verständlich«, die Summe könne aber nicht einfach so überwiesen werden.

Griechenland hatte Ende Februar 10,9 Milliarden Euro an den EFSF zurückgezahlt. Diese Summe war von den zwischen 2012 und 2014 an den griechischen Bankenhilfsfonds HFSF überwiesenen 48,2 Milliarden Euro ungenutzt geblieben. Später habe die neue linksgeführte Regierung dann bemerkt, dass die Vorgängerregierung zusätzlich aus den Reserven des HFSF 1,2 Milliarden Euro für die Rekapitalisierung der Banken gezahlt habe, die aber nicht von den 10,9 Milliarden Euro abgezogen worden seien. Agenturen/nd

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