Mutmacher im Kampf für mehr Datenschutz
Für den IT-Recht-Experten Max Schrems geht es um die Durchsetzung eines immer wichtigeren Grundrechts
Der Salzburger Max Schrems leistet Widerstand. Der 27-Jährige hat schon während seines Jurastudiums mit Schwerpunkt IT-Recht und Datenschutz die als soziale Netzwerke vermarkteten Datensammelkonzerne ins Visier genommen. Bei einem US-Auslandssemester an der Santa Clara University im Silicon Valley im Jahr 2011 stellte er befremdet fest, dass die großen US-Internetunternehmen nur wenig über die Datenschutzregeln in der EU wissen und sich auch kaum darum scheren. Nach diesem Studienaufenthalt gründete er 2012 einen Verein, dessen Name keinen Zweifel über die Stoßrichtung lässt: Europe versus Facebook (EvF) soll dazu beitragen, dass »das Datenschutzrecht nicht nur als Feigenblatt funktioniert, sondern auch durchgesetzt wird«, erklärte der Netzaktivist im Interview mit dem ORF. Es geht ihm um ein Grundrecht.
Bestärkt in seiner Kritik hat ihn auch das Ergebnis seiner E-Mail-Anfrage bei Facebook, sämtliche über ihn gespeicherten persönlichen Daten zu übermitteln. 21 E-Mails später hatte Schrems 1200 ausgedruckte A4-Seiten vor sich. Darunter Daten und Kurznachrichten, die er längst gelöscht glaubte. »Das ist so, als würde die Post sagen: Wir machen jetzt jeden deiner Briefe auf und speichern den Inhalt bei uns und analysieren das alles und löschen die Daten nie wieder«, sagt Schrems. Auch vermutet er, dass Facebook Daten über Personen speichert, die gar nicht Mitglied des sozialen Netzwerkes sind.
Eine Menge Ehrungen und Auszeichnungen hat der junge Österreicher für sein Engagement für ein strikteres Datenschutzrecht und dessen Durchsetzung schon erhalten. 2012 wurde er zum »Salzburger des Jahres« gekürt, 2013 verlieh ihm die US-amerikanische Bürgerrechtsorganisation EPIC den Privacy Champion Award und im Juni 2014 war Schrems für die Stiftung Warentest der »Mutmacher des Monats«. Auch den Positivpreis »Defensor Libertatis« der österreichischen Big Brother Awards kann er sein Eigen nennen.
Schrems hat zusammen mit dem Programmierer Marco Maas von Open Data City, einem auf Datenrecherche spezialisierten Unternehmen, und dem Journalisten Richard Gutjahr die Website Lobbyplag gegründet. Diese dokumentiert den Einfluss der Industrie auf die europäische Datenschutzgesetzgebung. Die Plattform deckte auf, dass EU-Parlamentarier zahlreiche Änderungsvorschläge zur europäischen Datenschutz-Grundverordnung wortgleich aus Papieren von Lobbyorganisationen übernommen hatten. Die Initiative löste innerhalb des Europaparlamentes eine Debatte über den Umgang mit solcher Art von Lobbyismus aus.
Auch mit seinen juristischen Vorstößen hat Schrems das Bewusstsein für die Problematik des unzureichenden Datenschutzes bei Facebook & Co. geschärft. Sie haben ihn zu einem vielgefragten Experten bei Konferenzen und Talkshows zu diesem Thema gemacht - nicht nur in Österreich. Sein Kampf, das macht er immer deutlich, richtet sich nicht gegen die Möglichkeiten des Internet: »Wir wollen Facebook auch weiter nutzen können, aber eben, ohne darüber Sorgenfalten bekommen zu müssen.«
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