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Kanzleramt von NSA-Neugier informiert?

Verdacht: Regierung belog Parlament vorsätzlich über amerikanisch-deutsche Spionagekumpanei

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Bereits vor sieben Jahren soll der Bundesnachrichtendienst (BND) das Kanzleramt darüber informiert haben, dass er von der NSA für illegale Spionageoperationen eingespannt wird.

Es wird eng für Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Bereits 2008, als der heutige Innenressortchef noch Merkels Mann im Kanzleramt und damit Oberaufseher über den Auslandsgeheimdienst war, soll der BND über vertragswidrige Spionageoperationen des Geheimdienstes NSA informiert haben.

Spätestens seit einem 2002 geschlossenen »Memorandum of Agreement« hat der BND für die NSA in Europa elektronisch spioniert. So sammelt er unter anderem Daten aus der Internet- und Satellitenkommunikation. Dazu übergab die NSA die USA interessierende Selektoren, also Suchbegriffe, Handynummern, E-Mail-Adressen und ähnliches.

Die Beziehungen der beiden Dienste waren so eng, dass der BND quasi ein »Wurmfortsatz« der US-Dienste war. So jedenfalls sagte es ein Ex-NSA-Mann vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages. Angeblich stellten Beamte des deutschen Geheimdienstes bei einer Überprüfung der von der NSA zugeleiteten Selektoren mehrfach fest, dass man über den Tisch gezogen wird. Der Dienst schrieb einen streng vertraulichen Bericht an das vorgesetzte, von de Maizière geleitete Kanzleramt. Inhalt: Die NSA habe vertragswidrig versucht, Wissen über die multinationalen Rüstungskonzerne EADS und Eurocopter abzuschöpfen.

Bislang bestritt die Bundesregierung derartiges Wissen. Man schob den BND als Alleinschuldigen vor und beklagte »organisatorische und technische« Defizite bei dem Dienst. Doch dem NSA-Untersuchungsausschuss liegt inzwischen ein Dokument aus dem Jahr 2010 vor, das zur Vorbereitung eines Treffens zwischen de Maizières Nachfolger Ronald Pofalla und US-Vertretern diente. Auch darin wies der BND demnach auf die rechtswidrige Praxis der NSA hin.

Dass Merkels engste Umgebung bereits so früh - und nicht erst, wie aktuell behauptet, am 12. März 2015 - wissen konnte, was die NSA mit BND-Unterstützung trieb, ist aus Sicht der Opposition der Skandal hinter dem Skandal. Man fühlt sich belogen. Jüngst erst hatte der Chef der BND-Abteilung »Technische Aufklärung« vor dem Untersuchungsausschuss betont, man kläre stets »jeden einzelnen Suchbegriff«, den die NSA nenne, ab. Nicht nur die Adressen von deutschen Staatsbürgern und Firmen, auch die europäischer Firmen würden aussortiert. Ein Einschmuggeln von vertragsfernen Suchkriterien würde »auffallen«. Falls ja, warum geschah dann nichts, fragt die Obfrau der Linksfraktion, Martina Renner, und will, dass jetzt rasch alles auf den Tisch des Untersuchungsausschusses kommt. Dazu sei eine baldige Vorladung de Maizières und des Abteilungsleiters 6 aus dem Merkel-Amt notwendig. Zugleich fordert Renner den Rücktritt von BND-Chef Gerhard Schindler.

Die SPD versucht aus dem Sog des Skandals zu kommen. Generalsekretärin Yasmin Fahimi schließt personelle Konsequenzen »ausdrücklich nicht aus«. Ihr Parteifreund Ralf Stegner twittert: »Jedenfalls ist die Kanzlerin verantwortlich!«

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