Jemen weiter im Visier Riads
Saudi-Arabien bereitet offenbar Landkrieg vor / Streubombenvorwurf erhärtet
Die Verlautbarungen Saudi-Arabiens über seinen Feldzug gegen Jemen bzw. die Verbände des Huthi-Clans sind nicht besonders faktenhaltig. Die Ankündigung aus der saudischen Hauptstadt Riad von Ende April, dass man den Luftkrieg beendet habe und nun eine Bodenoffensive gegen den südwestlichen Nachbarn beginne, ist bisher im Wesentlichen Drohung geblieben. Eine erste »begrenzte Anzahl« von Soldaten sei am Sonntag in der umkämpften Hafenstadt Aden eingetroffen, heißt es bei AFP. Da im Golf von Aden saudi-arabische Kriegsschiffe kreuzen, um eine Unterstützung der Huthi-Streitkräfte von See her zu verhindern, sind die Saudis wahrscheinlich über den Hafen ins Land eingedrungen.
Ziel ist es offensichtlich, zunächst den Süden unter militärische Kontrolle zu bringen. Saudi-Arabien - nach seiner Lesart ist es nicht das wahhabitische Königreich, sondern eine arabische Militärallianz, die hier Krieg führt - will dem abgesetzten Staatspräsidenten der Republik Jemen wieder ins Amt verhelfen. Dieser war nach seinem Sturz im Februar durch den Huthi-Clan ins Nachbarland geflohen.
Nominell sind die Streitkräfte des Königreichs Saudi-Arabien, wie sie offiziell heißen, den Milizen der Huthi haushoch überlegen. Die mehr als 200 000 Mann sind mit Hightech-Waffen vom Feinsten ausgezeichnet und verfügen über alles, was deutsche, US-amerikanische und andere Waffenschmieden zu liefern in der Lage waren. Wenn etwas keine Rolle spielte für die Königlichen, dann war es Geld.
Ihre tatsächliche Kampfkraft allerdings ist unklar, ebenso was ohne die US-Militärs an den Schalthebeln in Saudi-Arabien selbst sowie den festungsähnliche Stützpunkten der Amerikaner in den benachbarten Monarchien von der vermeintlichen saudischen Herrlichkeit bliebe. Allerdings scheinen ihnen die US-Offiziere alles zu gestatten, auch den Einsatz international geächteter Kriegswaffen wie Streumunition.
Die Organisation Human Rights Watch (HRW) hat dies Saudi-Arabien vorgeworfen und auch, dass diese Munition aus US-Beständen stamme. Zum Beweis dessen verfüge man über Bildmaterial. Dies zeige, dass in den vergangenen Wochen bei Luftangriffen in Nordjemen entsprechende Bomben abgeworfen worden seien. Satellitenbilder zeigten, wie Splitter dieser Bomben auf einer landwirtschaftlichen Fläche wenige hundert Meter von bewohntem Gebiet niedergegangen seien.
Streubomben haben die tödliche Eigenschaft bei ihrer Detonation, Hunderte kleinerer Bomben freizusetzen. Es gibt jedoch einen hohe Rate an Blindgängern. Diese können auch viele Jahre später noch explodieren. Eine leichte Berührung kann dafür schon ausreichen. Auf diese Weise können Flächen unbrauchbar und unpassierbar gemacht werden. Die Beseitigung ist kostspielig, zeitaufwendig und bedarf der Experten.
Zwar ist nicht bekannt, wie HRW in den Besitz der entlarvenden Aufnahmen gekommen ist, aber Dementis aus Riad oder Washington gibt es bislang nicht, was wohl als Eingeständnis zu werten ist. Beide Staaten sind der UN-Konvention gegen Streumunition zwar nicht beigetreten, aber zumindest die USA behaupteten bisher, bei der Weitergabe dieser geächteten Waffenart selbst formulierte Regeln beachtet zu haben. So heißt es, US-Streubomben würden mit der Auflage ausgeliefert, dass sie ausschließlich gegen militärische Ziele eingesetzt würden. Auch dürften sie nicht eingesetzt werden, wo sich Zivilisten befänden. Beide Vorsätze, so sie denn jemals mit Ernsthaftigkeit gegolten haben, wurden hier nachweislich verletzt.
Auf der Halbinsel verdichten sich die Gerüchte, dass sich beim angekündigten Landkrieg nicht Saudi-Araber in die Frontlinie begeben müssen, sondern Soldaten aus Ägypten. Dessen Präsident Abdelfattah al-Sisi könnte sich auf diese Weise die dringend benötigten Dollarmilliarden ins Land holen, um die demnächst wieder drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Die ägyptische Regierung hat am Sonntag das Riad gegebene Mandat für die Beteiligung ihrer Armee am Militäreinsatz in Jemen um ein weiteres Vierteljahr verlängert, wie Ministerpräsident Ibrahim Mahlab mitteilen ließ.
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