Späte Ehrung für Nazi-Jäger
Beate und Serge Klarsfeld bekommen Bundesverdienstkreuz
Es hat lange gedauert, mehrere Anläufe blieben erfolglos: Nun ehrt Bundespräsident Joachim Gauck die Antifaschisten Beate und Serge Klarsfeld mit dem Bundesverdienstkreuz. Die entsprechende Urkunde sei bereits unterzeichnet worden, bestätigte das Präsidialamt am Mittwoch einen Bericht des »Kölner Stadt-Anzeigers«. Das Ehepaar habe sich um die Aufarbeitung der NS-Verbrechen verdient gemacht und setze sich bis heute gegen Antisemitismus und politische Unterdrückung ein, hieß es zur Begründung aus dem Präsidialamt.
Serge Klarsfeld und die aus Deutschland stammende Beate waren maßgeblich am Aufspüren und an der Verurteilung einer Reihe von Nazi-Größen beteiligt, darunter der Gestapo-Chef von Lyon, Klaus Barbie. Beide hielten über Jahrzehnte die Erinnerung an den Holocaust wach. Die Ehrung war schon mehrfach unter anderem von der Linkspartei vorgeschlagen, bisher der heute 76-Jährigen und ihrem 79-Jährigen Mann aber verweigert worden.
Ein möglicher, eher naheliegender Grund: Bekannt wurde Beate Klarsfeld in der Bundesrepublik und der DDR vor allem durch die Ohrfeige, die sie 1968 dem damaligen Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger (CDU) versetzt hatte. In einem Interview mit »nd« sagte sie vor gut einem Jahr, sie habe »dessen Nazi-Vergangenheit als NSDAP-Mitglied und Karriere im NS-Apparat« damals doch »nicht einfach so dastehen lassen« können. »Wir haben mit unseren Aktionen zudem an einer Vergangenheit gerührt, die eine Mehrheit lieber verschwiegen hätte.«
Im Jahr 2012 hatte die Linkspartei Beate Klarsfeld als Kandidatin bei der Bundespräsidentenwahl aufgestellt. Sie erhielt 126 Stimmen in der Bundesversammlung - drei mehr als die Linkspartei dort Delegierte stellte. Klarsfeld unterlag seinerzeit Joachim Gauck, der von einer übergroßen Koalition aus Union, SPD, Grünen und Freidemokraten unterstützt worden war - und der nun die Ehrung von Klarsfeld vornimmt.
Linksfraktionschef Gregor Gysi sagte gegenüber »nd«, die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes sei »eine späte, aber in jeder Hinsicht verdiente Ehrung für die außerordentlichen Verdienste dieser beiden mutigen Antifaschisten«. Gauck sei einem Vorschlag der Linkspartei gefolgt, so Gysi. »Bisher hatten alle Bundesregierungen wegen der berühmten Ohrfeige von Beate Klarsfeld gegen Kurt Georg Kiesinger« die Vorschläge abgelehnt, Klarsfeld zu ehren. »Das war ein Armutszeugnis, wenn man bedenkt, dass Beate und Serge Klarsfeld nur das gemacht haben, was eigentlich die Aufgabe deutscher Ermittlungsbehörden gewesen wäre.«
Die Linkenpolitikerin Gesine Lötzsch sagte, die Auszeichnung markiere »70 Jahre nach der Befreiung Deutschlands vom Hitlerfaschismus einen längst überfälligen Schritt«. Klarsfeld habe »Großes bei der Aufklärung und Verfolgung von NS-Verbrechern geleistet. Sie und ihr Mann Serge haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um Mörder wie Kurt Lischka, Alois Brunner, Klaus Barbie und andere aufzuspüren und zu überführen«. Die bundesdeutsche Justiz habe seinerzeit »bekanntlich kein großes Engagement an den Tag gelegt, um NS-Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen«.
Gegenüber unserer Zeitung verwies Klarsfeld im Frühjahr 2014 auf die vielen Ehrungen in anderen Ländern. Dies sei für sie jedes Mal »eine große Ehre und eine Bestätigung meiner Arbeit« gewesen. Es sei ihr nie darum gegangen, »ob ich selbst eine Auszeichnung möchte oder nicht. Das ist eine Sache der zuständigen Stellen in der Bundesrepublik, die müssten das wollen«. mit Agenturen
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