Von der Vergangenheit überholt
Kurt Stenger über den mutmaßlichen Abgang der Deutschen-Bank-Chefs
In der sogenannten Aktionärsdemokratie geht es bisweilen laut zu, aber am Ende gibt es fast immer prozentuale Mehrheiten der Marke 90+. Dass die Führungsspitze der Deutschen Bank bei der jüngsten Hauptversammlung kaum über 60 Prozent kam, war daher mehr als ein Schuss vor den Bug. So kommt es nicht überraschend, dass sich die Doppelspitze Anshu Jain/Jürgen Fitschen nacheinander zurückziehen wird. Sie war ja einst angetreten, um einen Kulturwandel zu vollziehen - das Duo sollte die vielen Skandale möglichst schnell abschütteln. Doch es kamen immer mehr teure juristische Altlasten hinzu.
Vor allem Jain, der als Ex-Chef der Investmentsparte viele Vorgänge mit zu verantworten hatte, wurde von der Vergangenheit nicht nur eingeholt, sondern sogar überholt. Dass es an seiner Stelle nun John Cryan richten soll, der spät zur Deutschen Bank kam und bisher im Aufsichtsrat dubiose Vorgänge zu prüfen hatte, ist ein cleverer Schachzug. Das Auswechseln der alten Besen, das sich fast ein Jahr hinziehen wird, kann aber nur ein erster Schritt sein. Viel wichtiger wäre es, dass nun wirklich reiner Tisch gemacht wird - nicht nur, um die wegen schlechter Aktienkurse grummelnden Anleger zu besänftigen. Und die neue Strategie, die Kahlschlag ausgerechnet im skandalarmen Privatkundengeschäft vorsieht, gehört auf den Prüfstand.
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