Zu viel Sex kann töten
Männchen neuentdeckter Beutelmausarten sterben nach stundenlangem Fortpflanzungsakt
14 Stunden Sex am Stück - dafür sind die Arten der australischen Breitfuß-Beutelmaus (Antechinus) bekannt. Doch der wilde Sex-Marathon bekommt den Mäusemännchen alles andere als gut: Er löst einen Anstieg im Testosteronhaushalt aus und einen Überschuss des Stresshormons Cortisol. Dies vergiftet das Männchen letztendlich und zerstört sein Immunsystem. Am Ende ist der Sex für die Männchen ein tödliches Vergnügen.
Drei neue Arten der sexgierigen Tiere hatten australische Wissenschaftler in den vergangenen drei Jahren entdeckt. Jetzt kamen zwei Arten des fleischfressenden Beuteltieres dazu. Doch neben den bekannten Ursachen wie dem Klimawandel, Buschfeuern, Habitatverlust oder eingeschleppten Jägern wie Wildkatzen sind die Tiere nicht zuletzt wegen ihres extremen Sexuallebens vom Aussterben bedroht. »Die Fortpflanzungszeit ist praktisch zwei bis drei Wochen an Sexorgien, bei denen die mit Testosteron vollgestopften Männchen sich mit so vielen Weibchen wie möglich paaren, bis zu jeweils 14 Stunden«, sagt Andrew Baker, von der Queensland University of Technology. Die Männchen würden danach alle tot umfallen, »bevor die Weibchen ein einziges Baby gebären«.
Bisher waren nur einige Insektenarten für ähnlich tödliche Sexrituale bekannt. Für Säugetiere ist der extreme Sexualtrieb der Mäuseart deutlich ungewöhnlicher. Und die Breitfuß-Beutelmaus kann den Verlust ihrer halben Population jedes Jahr auch nicht ebenso gut wegstecken.
Australien hat die schlimmste Aussterberate der Welt in Bezug auf Säugetiere: 29 Landsäugetiere sind in den vergangenen 200 Jahren ausgestorben, über 50 sind vom Aussterben bedroht. Manche bedrohte Arten lassen sich nur noch in bestimmten Regionen oder auf Inseln finden. Besonders gefährdet sind neben den Breitfuß-Beutelmäusen Arten wie die Bilbys (Kaninchennasenbeutler), Numbats (Ameisenbeutler) oder Bandicoots (Nasenbeutler), die seit 100 Jahren kaum mehr in Nationalparks des Landes zu finden sind, obwohl sie ähnlich wie Koala, Känguru und Wombat zu den Tierikonen des Landes zählen.
Ein neues Programm soll diese Kleinstbeuteltiere nun wieder vermehrt in die Wildnis einführen. Mehrere Nationalparks werden im Bundesstaat New South Wales für diesen Zweck eingezäunt und eingeschleppte Räuber wie Füchse und Wildkatzen getötet, um Arten wie Bilbys, Numbats, Bandicoots oder der Breitfuß-Beutelmaus wieder eine Chance in der freien Natur zu geben. Allein Wildkatzen töten laut australischen Wissenschaftlern etliche Millionen an einheimischen Säugetieren jede Nacht.
Ist das Programm erfolgreich, könnten diese designierten Zonen eine Reise zurück in der Zeit bedeuten - in eine Zeit vor über 200 Jahren, bevor Europäer in Australien europäische Raubtiere wie Füchse und Katzen einschleppten und der australische Busch noch unberührt war.
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